Im Gegensatz zum anfechtbaren Beschluss, der schwebend wirksam ist bis zu dessen rechtskräftiger Ungültigerklärung, ist ein Beschluss, der einen Eingriff in unentziehbare, aber verzichtbare Rechte der Wohnungseigentümer zum Gegenstand hat, bis zur Zustimmung des jeweils betroffenen Wohnungseigentümers schwebend unwirksam. Dies hatte der BGH im Jahr 2004[1] klargestellt. Allerdings hat er sich von dieser Auffassung – ohne insoweit aber für klare Verhältnisse zu sorgen – wieder distanziert[2] und festgestellt, dass ein entsprechender Beschluss wohl nichtig sei.

 
Praxis-Beispiel

Verbot der Vermietung an Feriengäste

Die Wohnungseigentümer beschließen auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel ein Verbot der kurzzeitigen Vermietung der Wohnungen an Feriengäste. Zwar wird das nach der Öffnungsklausel erforderliche Mehrheits-Quorum erreicht, allerdings stimmen nicht alle Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zu.

Der Beschluss ist schwebend unwirksam, da ein auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefasster Beschluss, durch den die kurzzeitige Vermietung des Wohnungseigentums an Feriengäste verboten wird, nur dann rechtmäßig ist, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilt haben. Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Rechten eines Sondereigentümers gehört nämlich die Zweckbestimmung seines Wohnungs- oder Teileigentums. Sie darf durch einen auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefassten Mehrheitsbeschluss nur mit Zustimmung des Sondereigentümers geändert oder eingeschränkt werden.[3]

Insbesondere auf Grundlage vereinbarter Öffnungsklauseln besteht also die Gefahr, dass schwebend unwirksame oder aber – je nach endgültiger Position des BGH – nichtige Beschlüsse gefasst werden.[4]

Verstößt jedenfalls ein Beschluss auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gegen das Belastungsverbot oder entzieht er Wohnungseigentümern unentziehbare, aber verzichtbare Rechte, ist er mindestens ebenfalls schwebend unwirksam. Er würde wirksam werden, wenn der entsprechend belastete Wohnungseigentümer zustimmt. Nimmt man hingegen Nichtigkeit an, entfaltet er von vornherein keine Rechtswirkung. Im ersten Fall wird er endgültig unwirksam bzw. nichtig, wenn der entsprechend belastete Wohnungseigentümer nicht zustimmt. Zustimmungserteilung wie auch Zustimmungsverweigerung sind insoweit an keinerlei Fristen gebunden.

Grundsätzlich ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beschluss zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der entsprechend belasteten Wohnungseigentümer bedarf. Stimmen diese zu, so ist der Beschluss zustande gekommen, wenn das nach der Öffnungsklausel erforderliche Quorum erreicht ist, auch wenn ggf. andere – nicht belastete – Wohnungseigentümer gegen den Beschlussantrag gestimmt haben.

 
Praxis-Beispiel

Erhaltungspflicht bezüglich Sondernutzungsrecht

Die Wohnungseigentümer beschließen auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel, dass der Wohnungseigentümer, zu dessen Gunsten ein Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz begründet ist, zu dessen Erhaltung verpflichtet ist.

Stimmt der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zu, so ist der Beschluss mit Erreichen des erforderlichen Mehrheitsquorums zustande gekommen, weil er als entsprechend Belasteter zugestimmt hat. So das erforderliche Mehrheitsquorum erreicht ist, wäre demnach unerheblich, ob ggf. ein anderer Wohnungseigentümer gegen den Beschlussantrag gestimmt hätte.

Ist der entsprechend belastete Wohnungseigentümer in der beschlussfassenden Wohnungseigentümerversammlung anwesend oder vertreten und stimmt er hingegen gegen den Beschlussantrag, ist der Beschluss nicht zustande gekommen. Stimmt der belastete Wohnungseigentümer zu, kann zwar ein entsprechender Beschluss verkündet werden. Da aber bekanntlich einem Wohnungseigentümer, der einem Beschlussantrag zugestimmt hat, die Beschlussanfechtungsmöglichkeit bis zur Grenze der Arglist offensteht, kommt zunächst ein "Zitterbeschluss" zustande. Ein besonderes Anfechtungsrisiko besteht dann insbesondere im Fall der Vertretung aufgrund weisungsungebundener Vollmacht.

Unbefriedigend ist die Situation in all den Fällen, in denen belastete Wohnungseigentümer an der Versammlung nicht teilnehmen. Wird ein Positivbeschluss verkündet, kann dies eine Beschlussmängelklage des belasteten Wohnungseigentümers provozieren. Da es der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens aber gar nicht bedarf, kann für einen langen Zeitraum Rechtsunsicherheit bestehen, so man von einer schwebenden Unwirksamkeit des Beschlusses ausgeht.

 
Praxis-Tipp

Beschlussfassung unter aufschiebender Bedingung

In diesen Fällen sollte die Beschlussfassung unter der aufschiebenden Bedingung der ausdrücklichen Zustimmung des belasteten Wohnungseigentümers innerhalb der Anfechtungsfrist des § 45 Satz 1 WEG erfolgen. Grundsätzlich anerkannt ist jedenfalls die Möglichkeit der Beschlussfassung unter der aufschiebenden Bedingung nachträglicher Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer. Im Beschluss sollte also geregelt se...

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