1 Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Originalbelege. Nur wenn zunächst vorhandene Papierunterlagen nicht (mehr) vorhanden sind, beschränkt sich das Einsichtnahmerecht auf die digitalen Daten. Ein Wohnungseigentümer darf sich bei der Einsichtnahme von 2 weiteren Wohnungseigentümern begleiten lassen.
2 Normenkette
§ 18 Abs. 4 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K klagt auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen. Diese möchte er, angesichts des Umfangs der begehrten Einsicht mit 2 weiteren Wohnungseigentümer zu den üblichen Geschäftszeiten an einem Werktag ausüben. K begehrt Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen 2019, in
- die Lohnsteuerbescheinigungen, die von einem im Klageantrag näher bezeichneten Steuerbüro erstellt worden sind, für die angestellten Personen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer,
- in die Wartungsverträge des Jahres 2019, die mit externen Unternehmen abgeschlossen wurden sowie
- in die Arbeitsverträge der im Jahr 2019 beschäftigten Personen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
B wendet ein, dem K bereits Kopien der entsprechenden Buchhaltungsbelege übersandt zu haben. Außerdem legt B in Kopie Arbeitsverträge vor, wobei streitig ist, ob die Kopien sämtliche Arbeitnehmer erfassen. B vertritt schließlich die Ansicht, ein Anspruch, weitere Personen zur Einsicht mitzunehmen, bestehe nicht. Das AG gibt der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Berufung.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! K habe einen Anspruch auf Einsichtnahme aus § 18 Abs. 4 WEG. Der Klageantrag sei hinreichend bestimmt. Die Unterlagen, in die Einsicht gewährt werden solle, müssten zwar hinreichend bestimmt bezeichnet werden, weil die Vollstreckung nach § 883 ZPO zu erfolgen habe. Dies habe K aber auch getan. In zeitlicher Hinsicht habe K seinen Einsichtnahmeanspruch hinreichend konkret auf Unterlagen aus dem Jahr 2019 beschränkt. Aber auch in sachlicher Hinsicht genüge die Bezeichnung "Buchhaltungsunterlagen", um eine hinreichende Abgrenzung zu anderen Unterlagen zu gewährleisten. Der Anspruch auf Einsichtnahme sei auch noch nicht erfüllt. Die Übersendung von Kopien oder Ausdrucken genüge nicht. Ein Wohnungseigentümer habe einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Originalbelege. Nur wenn Papierunterlagen nicht (mehr) vorhanden seien, beschränke sich das Einsichtnahmerecht auf die digitalen Daten. K dürfe sich auch von 2 weiteren Wohnungseigentümern begleiten lassen. Das Einsichtnahmerecht sei kein höchstpersönliches Recht, insofern sei eine Vertretung zulässig. Ebenso könne sich ein Wohnungseigentümer jedenfalls von einem Rechtsanwalt oder weiteren Wohnungseigentümern begleiten lassen. Da K 2 weitere Wohnungseigentümer mitnehmen wolle, die ihrerseits ebenfalls ein Einsichtnahmerecht hätten, bestehe auch nicht die Gefahr, dass Dritte Kenntnis von den Unterlagen erhielten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall will ein Wohnungseigentümer die Einsichtnahme in die nach seiner Ansicht vorhandenen Originale der Verwaltungsunterlagen erzwingen. Auf ihm übersandte Kopien will er sich nicht einlassen. Bei der Einsichtnahme will er sich begleiten lassen.
Originale und Durchführung der Einsichtnahme
Wie vom LG entschieden, hat der Einsichtsberechtigte das Recht, die Originale der Verwaltungsunterlagen einzusehen. Allerdings ist vorstellbar, dass die Originalbelege von Anfang an nur digital vorliegen. Nach herrschender Meinung muss sich ein Wohnungseigentümer ferner auf digitalisierte/eingescannte Daten verweisen lassen, wenn das von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder dem Dienstleister gewählte Scanverfahren zur Dokumentenspeicherung und -verwaltung fälschungssicher ist. Dabei kann man sich unter anderem an § 257 Abs. 3 HGB, § 147 Abs. 2 AO orientieren. Danach können Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
Prozessuales
Gewährt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, kann ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, gestützt auf § 18 Abs. 4 WEG, Klage auf eine Einsichtnahme erheben. Ausreichend ist entgegen dem LG wohl ein Antrag auf Einsichtnahme in sämtliche Verwaltungsunterlagen. Es gibt keinen Grund, vorab zu sagen, was ein Wohnungseigentümer sehen will. Ein Wohnungseigentümer hat das Recht, die Entscheidung, was er sehen will, erst bei der Einsichtnahme abschließend zu bestimmen. Außerdem wird ein Wohnungseigentümer nicht immer wissen, welche Unterlagen es überhaupt gibt. Die Klage hat Erfolg, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 4 WEG vorliegen.
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