1 Leitsatz
Die Herausgabepflicht des ausgeschiedenen Verwalters nach §§ 667, 665 BGB erstreckt sich auch auf elektronisch gespeicherte Verwaltungsunterlagen.
2 Normenkette
§ 26 WEG; §§ 665ff. BGB
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von ihrem ehemaligen Verwalter B ihr die von ihm für die Wohnungseigentumsanlage gespeicherten Buchführungsdaten in einem bearbeitungsfähigen Dateiformat zu übertragen. B weigert sich zunächst, übergibt dann aber einen USB-Stick. Dort sind alle elektronisch gespeicherten Daten inklusive aller verfügbaren Buchhaltungsunterlagen in bearbeitbaren Exceldateien zu finden. Die Parteien streiten jetzt, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
4 Die Entscheidung
Das AG meint, dies sei B! Die Herausgabepflicht des ausgeschiedenen Verwalters nach §§ 667, 665 BGB erstrecke sich auch auf elektronisch gespeicherte Verwaltungsunterlagen bzw. – wie geltend gemacht – auf Buchführungsunterlagen der WEG (Hinweis u. a. auf AG Essen, Urteil v. 20.8.2020, 196 C 6/20 und Heydrich, NZM 2020, S. 70). Die "Herausgabe" der Dateien in einem bearbeitungsfähigen Dateiformat könne – wie im Fall – in Form der Übergabe eines entsprechend bespielten physischen Speichermediums oder durch Übertragung der Daten via Internet geschehen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall wird vor allem die Frage behandelt, ob der Verwalter auch solche Verwaltungsunterlagen herausgeben muss, die es nur als Daten gibt.
Herausgabe von Verwaltungsunterlagen
Der ehemalige Verwalter muss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer alles, was er zur Ausführung seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat, herausgeben. Hierzu gehören auch, woran der Fall erinnert, elektronisch gespeicherte Verwaltungsunterlagen. Die Herausgabe von Unterlagen in Form eines bestimmten Mediums führt nicht dazu, dass der Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen in Form eines anderen Mediums entfällt. Gegenüber dem Anspruch auf Herausgabe steht dem früheren Verwalter kein Zurückbehaltungsrecht etwa wegen Vergütungsansprüchen zu. Selbst der Erbe des Verwalters muss herausgeben. Ihn trifft aber keine Pflicht, nicht mehr vorhandene Unterlagen wiederzubeschaffen. Zum Erlangten gehören im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stehende, aber auf Konten des Verwalters liegende Gelder bzw. Barmittel sowie die Verwaltungsunterlagen. Es sind auch die Verwaltungsunterlagen herauszugeben, die aus der Geschäftsbesorgung entstanden sind, z. B. selbst angelegte Akten, sonstige Unterlagen und auch Dateien.
Rechnungslegung
Nach §§ 666, 259 BGB ist der ehemalige Verwalter mit Beendigung des Verwaltervertrages im Übrigen stets zur Rechnungslegung nebst Vorlage der üblichen Belege verpflichtet. Dieser Anspruch ist umfänglich und also nicht auf solche Unterlagen beschränkt, welche die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Prüfung der gegenseitigen Ansprüche benötigt. Es sind sämtliche Unterlagen und Konten erfasst, in denen Vorgänge betreffend die Wohnungseigentumsanlage gebucht sind. Hatte der ehemalige Verwalter bereits die Verwaltungsunterlagen herausgegeben, kann er dennoch nicht geltend machen, keine Rechnung mehr legen zu können. Der Anspruch auf Rechnungslegung wird nicht dadurch eingeschränkt, dass der Schuldner die (Original-)Belege weggegeben oder sonst verloren hat. Vielmehr muss der Schuldner in diesen Fällen von den Empfängern der Belege Kopien anfordern oder sich sonst um den Ersatz derselben bemühen.
6 Entscheidung
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss v. 13.5.2022, 980a C 43/21