Leitsatz
Ist die Verwaltungszuständigkeit für gemeinschaftliches Eigentum auf einen Wohnungseigentümer übertragen worden, ist ein Beschluss, der in seine Verwaltungszuständigkeit eingreift, mangels Beschlusskompetenz nichtig
Normenkette
§§ 21 Abs. 5 Nr. 2, 22 Abs. 3 WEG
Das Problem
Wohnungseigentümer beschließen, dass es anstelle der derzeitigen Schwingflügelfenster künftig nur noch zulässig ist, Dreh-/Kippfenster einzubauen. Hiergegen geht ein Wohnungseigentümer vor. Das Amtsgericht erklärt den Beschluss für ungültig. Es handele sich um keine modernisierende Instandsetzung im Sinne von §§ 22 Abs. 3, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Ein hinreichender Zusammenhang zwischen der notwendigen oder absehbaren Reparatur und der mit dem Beschluss vorgesehenen Maßnahme sei nicht gegeben. Der Beschluss sei nicht angesichts eines konkreten Instandsetzungsbedarfs gefasst worden. Hiergegen richtet sich die Berufung. Die beklagten Wohnungseigentümer halten die Regelung für eine modernisierende Instandsetzung.
Die Entscheidung
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Beschluss greife in die Zuständigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer für die Instandsetzung der zu ihrem jeweiligen Sondereigentum gehörenden Fenster ein. Nach der Gemeinschaftsordnung seien Schäden an den nach außen weisenden Fenstern und Türen von dem Wohnungseigentümer, zu dessen Einheit sie gehörten, auf seine Kosten zu beseitigen. Die Pflicht zur Instandsetzung sei damit wirksam auf den jeweiligen Wohnungseigentümer übertragen worden (Hinweis auf BGH v. 25.9.2009, V ZR 33/09, NJW-RR 2010 S. 227 Rn. 6). Durch den angegriffenen Beschluss werde den einzelnen Wohnungseigentümern indessen eine bindende Vorgabe gemacht, wie sie die ihnen obliegende Instandsetzung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Fenster zu erfüllen hätten. Hierfür fehle es nach der Gemeinschaftsordnung an einer Beschlusskompetenz (Hinweis auf BayObLG v. 26.5.2004, 2 Z BR 063/04, ZMR 2004 S. 841; Jennißen/Heinemann, WEG, 3. Auflage 2011, § 21 Rn. 73; a.A. Vogel, ZMR 2010, S. 653, 655; "wohl auch" Elzer, in Timme: WEG, 1. Aufl. 2010, § 21 Rn. 250).
Kommentar
- Für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sind grundsätzlich alle Wohnungseigentümer und auch der Verwalter zuständig. Etwas anderes gilt, wenn die Zuständigkeit durch eine Vereinbarung auf einen Wohnungseigentümer übertragen wurde. Streitig ist, wann das der Fall ist.
- Nach der Gemeinschaftsordnung waren die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile, Anlagen und Einrichtungen der Wohnanlage auf gemeinsame Kosten dauernd in gutem Zustand zu erhalten. Schäden an den nach außen weisenden Fenstern und Türen waren jedoch von dem Wohnungseigentümer auf seine Kosten zu beseitigen.
- Es handelte sich also jedenfalls um einen vereinbarten Umlageschlüssel für die Instandhaltung (alle Wohnungseigentümer müssen die Kosten tragen) und die Instandsetzung (alle Wohnungseigentümer müssen die Kosten tragen) sowie die Instandsetzung von Fenstern und Türen (der Wohnungseigentümer muss die Kosten tragen, zu dessen Einheit Fenster und Türen "gehören").
- Handelte es sich aber auch um eine Regelung über die Verwaltungszuständigkeit für die Fenster und Türen? Ich selbst meine: Nein! Zur Verwaltungszuständigkeit äußert sich die Gemeinschaftsordnung nicht. Es kann auch nicht gewollt sein, dass jeder Wohnungseigentümer Fenster und Türen nach seinem Geschmack einbauen kann.
Das Landgericht Hamburg kann sich zwar auf den Bundesgerichtshof berufen. Es ist aber fraglich, ob dieser bereits eine Grundsatzentscheidung getroffen hat (die vom Landgericht zitierte Entscheidung ist dabei völlig unerheblich). In BGH v. 2.3.2012, V ZR 174/11, NJW 2012 S. 1722 Rn. 9 heißt es dazu wörtlich wie folgt:
"Für eine Zuständigkeit des Sondereigentümers hinsichtlich der Erneuerung spricht zwar auf den ersten Blick, dass ihm nicht nur der Innenanstrich und die Behebung von Glasschäden, sondern auch die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen obliegen. Damit wird nicht nur die Kostenlast geregelt, sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums."
In BGH v. 22.11.2013, V ZR 46/13, NZM 2014 S. 396 Rn. 13 heißt es hingegen wörtlich so:
"Die genannten Bestimmungen verpflichten den einzelnen Wohnungseigentümer zur Instandhaltung und Instandsetzung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Türen und Fenstern, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden; der Farbanstrich der Außenseite der Wohnungsabschlusstüren und der Fenster ist allerdings davon ausgenommen. Das erlaubt nicht den Schluss, dass alle anderen Maßnahmen dem einzelnen Wohnungseigentümer obliegen, sondern führt im Zweifel dazu, dass der Austausch der Fenster und der Wohnungsabschlusstüren Gemeinschaftsaufgabe ist. Behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung."
Es bleibt nach diesem Befund abzuwarten, was der Bundesgerichtshof sagen wird, wenn es "darauf ankommt". Das Hamburger Ergeb...