Leitsatz
Berechtigte Verweigerung der Verwalter-Veräußerungszustimmung, wenn Erwerber das Wohnungseigentum dem nach Entziehung zur Veräußerung verurteilten früheren Wohnungseigentümer zur weiteren Benutzung überlassen will (hier: Schenkung der Eltern an ihren Sohn unter Nießbrauchsvorbehalt auf Lebensdauer)
Wurde ein Streit vom Rechtsbeschwerdegericht an das Erstbeschwerdegericht zurückverwiesen, darf dieses nicht seinerseits an das AG zurückverweisen
Eine in Erster Instanz unterbliebene Beteiligung der Eigentümer kann im Erstbeschwerdeverfahren nachgeholt und dadurch geheilt werden
Normenkette
§ 12 WEG, 43 Abs. 1, Abs. 4 WEG, § 25, 27 FGG
Kommentar
1. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG darf bei entsprechender Vereinbarung die Veräußerungszustimmung des Verwalters nur aus wichtigem Grund versagt werden; da jeder Eigentümer grundsätzlich in der Verfügung über sein Eigentum frei ist und die Versagung der Zustimmung zu einer bestimmten Veräußerung einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Veräußerers bedeutet, ist die Zustimmungsverweigerung nur dann gerechtfertigt, wenn gewichtige Gründe in der Person des Erwerbers liegen, die befürchten lassen, er werde die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht beachten (h.R.). Dies trifft auch dann zu, wenn dem Erwerber - unterstellt, er wäre Eigentümer - das Eigentum nach § 18 WEG entzogen werden könnte. Im vorliegenden Fall war von einer endgültigen berechtigten Verweigerung der Verwalterzustimmung auszugehen, zumal gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen ist (BayObLG, NJW- RR 1990, 657/659).
Der veräußernde (schenkende) Vater war wegen grober Verstöße gegen den Gemeinschaftsfrieden, insbesondere tätlicher Angriffe gegen den Verwalter und auch Beleidigungen gegenüber Wohnungseigentümern sowie Beschädigung einer Wohnungseingangstüre mit einer Rohrzange rechtskräftig zur Veräußerung des Wohnungseigentums verurteilt worden. Der mit der Schenkung bedachte Sohn lebte im Haushalt seiner Eltern, die sich auch nicht bereit erklärten, aus der Wohnung auszuziehen. Somit wären die restlichen Eigentümer gezwungen, die Hausgemeinschaft mit dem Vater (Nießbraucher) fortzusetzen, was ihnen wegen dessen wiederholter Übergriffe nicht zugemutet werden kann. Der Überlassungsvertrag dient in seiner jetzigen Form auch dazu, die Wirkungen des Veräußerungsverpflichtungs-Urteils ( § 19 WEG) zu unterlaufen. Zu Recht kann hier auf § 56 Abs. 2 WEG verwiesen werden. Auch die Vermietung an einen früheren Eigentümer kann eine Entziehungsklage gegen den Erwerber gem. § 18 WEG rechtfertigen, wenn dem früheren Eigentümer das Wohnungseigentum nicht lediglich wegen Zahlungsverzugs entzogen worden war (herrschende Literaturmeinung zu § 56 WEG). Dem ist es gleichzusetzen, wenn der Erwerber das Eigentum dem wegen nachhaltiger Störung des Gemeinschaftsfriedens ausgeschlossenen früheren Wohnungseigentümer zur weiteren Mitnutzung - wie hier - überlässt.
2. Hat das Rechtsbeschwerdegericht eine Wohnungseigentumssache an das LG zurückverwiesen, darf dieses sie nicht seinerseits an das AG zurückverweisen.
3. Eine im ersten Rechtszug unterbliebene Beteiligung der Wohnungseigentümer kann im Erstbeschwerdeverfahren nachgeholt und der Verfahrensmangel dadurch geheilt werden. Einer förmlichen Genehmigung der bisherigen Verfahrensführung durch sämtliche Wohnungseigentümer bedarf es in diesem Rechtszug nicht.
4. Differenzierende Kostenentscheidung auch hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten bei Geschäftswert für die III. Instanz von DM 37.500,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 04.06.1998, 2Z BR 19/98)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung