Sachverhalt
Bei dem polnischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Auslegung von Art. 41 MwStSystRL (Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs, wenn der Erwerber eine von einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem des Endes des Warentransports ausgestellte USt-IdNr. verwendet hat = § 3d Satz 2 UStG).
Das Vorlagegericht fragte den EuGH:
Stehen Art. 41 MwStSystRL und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität der Anwendung einer nationalen Bestimmung, d. h. Art. 25 Abs. 2 des PL-MwStG (Ustawa o podatku od towarów i uslug) auf einen innergemeinschaftlichen Erwerb durch den Steuerpflichtigen in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren entgegen, wenn
- dieser Erwerb bereits im Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung durch die Erwerber der Gegenstände dieses Steuerpflichtigen versteuert wurde,
- festgestellt wurde, dass das Vorgehen des Steuerpflichtigen keinen Steuerbetrug darstellte, sondern Folge einer falschen Einstufung der Lieferungen im Rahmen von Reihengeschäften war, und die Angabe der polnischen Mehrwertsteuernummer durch ihn zu Zwecken der innerstaatlichen und nicht der innergemeinschaftlichen Lieferung erfolgte.
Die Klägerin (B) nahm an Reihengeschäften teil. Ein Unternehmer (BOP) mit PL-USt-IdNr. verkaufte Waren an B (Verwendung PL-USt-IdNr.) und B verkaufte an einen EU-ausländischen Unternehmer EU (Verwendung EU-ausländische USt-IdNr.). Die Ware gelangte unmittelbar von BOP an EU. B behandelte die Lieferung BOP an B als ruhende, steuerpflichtige Inlandslieferung in PL und die Lieferung B an EU als warenbewegte innergemeinschaftliche Lieferung.
Die polnische Finanzbehörde ging davon aus, dass B die "bewegte" Lieferung innerhalb der Lieferkette falsch eingestuft habe. Sie beurteilte das Reihengeschäft anders und kam zu dem Ergebnis, dass die erste Lieferung (BOP an B) die "bewegte Lieferung" gewesen sei, wobei es sich für BOP um eine innergemeinschaftliche Lieferung und für B um einen innergemeinschaftlichen Erwerb gehandelt habe. B habe die Lieferung an EU zu Unrecht als eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. B müsse sich im Bestimmungsmitgliedstaat der Ware registrieren und dort den innergemeinschaftlichen Erwerb abrechnen. Die Einstufung der durch BOP (erster Wirtschaftsteilnehmer in der Lieferkette) an B getätigten Lieferung als "bewegte" Lieferung eröffne auch den Anwendungsbereich von Art. 25 Abs. 2 Nr. 1 PL-MwStG. Da B im Rahmen des innergemeinschaftlichen Erwerbs eine polnische USt-IdNr. angegeben habe, die von einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat der Beendigung der Versendung der Gegenstände erteilt worden sei, sei B gem. Art. 25 Abs. 2 Nr. 1 PL-MwStG verpflichtet gewesen, in Polen Erwerbsteuer abzuführen, da B nicht nachgewiesen habe, dass B die Erwerbsteuer im Mitgliedstaat der Beendigung ihres Versands oder Beförderung entrichtet habe.
Unstreitig war, dass die Lieferung im EU-Mitgliedstaat des Endes der Beförderung versteuert wurde (innergemeinschaftlicher Erwerb), jedoch nicht durch B, der sie nicht als innergemeinschaftlichen Erwerb angesehen hatte, sondern durch EU. Das Vorlagegericht war der Auffassung, die fehlende Zuständigkeit der Finanzbehörde zur Überprüfung der gesamten Lieferkette zu Zwecken ihrer ordnungsgemäßen Besteuerung und die Beschränkung auf die Abrechnung eines Teils davon begründe nicht nur einen Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, sondern verletze auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die fehlende Möglichkeit, in der Steuerfestsetzung für B die Erwerbsteuer zu berücksichtigen, die von EU im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung entrichtet wurde, führe zu einer unverhältnismäßigen steuerlichen Belastung.
Entscheidung
Neu an dem Urteil ist, dass der EuGH die Frage, ob Art. 41 MwStSystRL (= § 3d Satz 2 UStG) auch dann anwendbar ist, wenn es sich bei dem Mitgliedstaat, der sich als Registrierungsmitgliedstaat (d.h. der Mitgliedstaat, mit dessen USt-IdNr. der Erwerber aufgetreten ist und der nicht der Mitgliedstaat des Endes des innergemeinschaftlichen Warentransportes ist) auf diese Bestimmung stützt, um den Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung der Gegenstände handelt, bejaht hat. Aus Art. 20 MwStSystRL (Definition des innergemeinschaftlichen Erwerbs) kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftlich von der Verwendung einer bestimmten USt-IdNr. abhängt. Daher schließt der Umstand, dass die Klägerin (B) im Ausgangsverfahren die USt-IdNr. des Mitgliedstaats des Beginns der Beförderung der Gegenstände (hier Polen) verwendet hat, für sich genommen den innergemeinschaftlichen Charakter des Umsatzes und die Anwendbarkeit von Art. 41 MwStSystRL nicht aus.
Weiter hat der EuGH bestätigt, dass nach dem Wortlaut von Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL die in dieser Bestimmung in Bezug auf den Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs vorgesehene Regel nur relevant ist, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb im Einklang mit Art. 40 MwStSystRL best...