Die Tempelhofer Fassadentechnik Ltd. beispielsweise, die in Dublin/Irland registriert ist, könnte bei Geltung der Sitztheorie etwaige Werklohnansprüche für Fassadenarbeiten in Deutschland ggf. nicht durchsetzen, wenn der Vertragspartner sich darauf beruft, dass der irischen Gesellschaft mangels Rechtsfähigkeit ein Werklohnanspruch gar nicht zustehen kann, allerdings wäre zu prüfen, ob tatsächlich eine inländische Rechtsform z. B. eine OHG vorliegt, was dann aber mit einer persönlichen Haftung der Gesellschafter verbunden wäre. Da die Tempelhofer Fassadentechnik Ltd. aber eine irische Gesellschaft ist, handelt es sich um eine EU-Gesellschaft, deshalb gilt die Gründungstheorie. Sie ist solange in Deutschland rechtsfähig, wie sie in Irland rechtsfähig ist.
Die Gründungstheorie, die für Gesellschaften innerhalb der EU oder soweit – ein bilaterales Abkommen dies vorsieht – gilt, führt dazu, dass dann, wenn eine in Deutschland verklagte ausländische EU-Gesellschaft nach Rechtshängigkeit im Gründungsstaat gelöscht wird, sich die Rechtsfolgen nach dem Gründungsstaat bestimmen. Verliert die Gesellschaft nach ihrem Gründungsstatut, also dem Recht ihres Landes, ihre Rechtsfähigkeit, ist sie – vorbehaltlich einer Weiterführung als Rest-, Spalt- oder Liquidationsgesellschaft oder als Einzelunternehmer – in Deutschland nicht mehr partei- oder prozessfähig. Daher müssen die Gesellschafter immer darauf achten, dass sie die Verpflichtungen im Gründungsstaat erfüllen, damit die Gesellschaft dort nicht gelöscht wird, wozu häufig gehört, dass dort Jahresabschlüsse publiziert oder Steuererklärungen abgegeben werden.