Leitsatz
Im dem Verfahren ging es um die Frage der Verwertbarkeit eines von dem Berufungsgericht eingeholten Blutgruppengutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Frage der Vaterschaft, nachdem der Kläger in erster Instanz eine von ihm heimlich eingeholte DNA-Analyse vorgelegt hatte.
Sachverhalt
Der Kläger hatte mit Urkunde vom 11.1.1996 anerkannt, Vater des am 25.1.1995 geborenen Beklagten zu sein. Er und die Mutter des Beklagten heirateten am 18.1.1996. Aus dieser Ehe waren zwei weitere Kinder hervorgegangen. Das Scheidungsverfahren wurde zwischenzeitlich betrieben.
Mit einer im Juli 2003 bei Gericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger, festzustellen, dass er nicht der Vater des Beklagten sei. Zur Begründung trug er vor, es bestehe keine Ähnlichkeit des Beklagten mit seiner Familie. Im Übrigen legte er ein DNA-Vaterschaftsgutachten vom 29.7.2004 vor, wonach er als biologischer Vater auszuschließen war. Dieses Gutachten war ohne Kenntnis und Zustimmung des Beklagten und unter Verstoß gegen dessen Rechte auf informationelle Selbstbestimmung eingeholt worden.
Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage ab.
Hiergegen legte der Kläger Berufung ein. Das Berufungsgericht (OLG Dresden v. 30.9.2004 in FamRZ 2005, 1491 ff.) holte daraufhin das Blutgruppengutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Blutgruppengutachten ein. Dieses gelangte zu dem Ergebnis, die Vaterschaft des Klägers sei offenbar unmöglich. Das Berufungsgericht gab sodann der Klage statt.
Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils verfolgte.
Entscheidung
Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt. An seiner Rechtsprechung der Nichtverwertbarkeit heimlich eingeholter DNA-Gutachten hat der Senat uneingeschränkt festgehalten (BGH v. 12.1.2005 - XII ZR 227/03, BGHReport 2005, 503 = MDR 2005, 632 = FamRZ 2005, 340 = FamRB 2005, 132; BGH v. 12.1.2005 - XII ZR 60/03, FamRZ 2005, 342).
Ausschlaggebend für die Zurückweisung der Revision im vorliegenden Fall war, dass der BGH die Entscheidungsgrundlage des berufungsgerichtlichen Urteils, nämlich das aufgrund eines Beweisbeschlusses eingeholte Blutgruppengutachten des öffentlich bestellten Sachverständigen, als rechtmäßig zustande gekommen und daher verwertbar angesehen hat.
Zwar sei die auf die heimliche DNA-Analyse gestützte Klage zunächst unschlüssig gewesen. Der Kläger habe sich jedoch dann dem Ergebnis des gerichtlich eingeholten Gutachtens angeschlossen, wodurch die Klage schlüssig geworden sei. Das beklagte Kind hingegen habe es verabsäumt, die Beweisanordnung durch Gegenvorstellung zu rügen und sich gegen die Durchführung der Blutentnahme zu wehren. Von diesem Weigerungsrecht des seinerzeit 9 Jahre alten und deshalb der erforderlichen Verstandesreife für seine eigene Entscheidung ermangelnden Beklagten habe der für ihn nach § 1909 Abs. 1 BGB bestellte Ergänzungspfleger, der hierzu berufen gewesen wäre, keinen Gebrauch gemacht. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten hätten der Einholung eines Abstammungsgutachtens schriftsätzlich lediglich mit der Begründung widersprochen, sie sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zumutbar, weil die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen sei. Gegen den die Begutachtung anordnenden Beweisbeschluss hätten sie jedoch keine Gegenvorstellung mehr erhoben.
Es könne dahinstehen, ob deshalb bereits davon ausgegangen werden konnte, der Beklagte habe sich - in seiner Willensbildung durch den Ergänzungspfleger vertreten - der Begutachtung freiwillig unterzogen oder den damit verbundenen Eingriff in seine Grundrechte gebilligt. Jedenfalls wiege ein etwa gleichwohl anzunehmender, allein auf der vom Revisionsgericht später nicht gebilligten Auffassung des OLG in einer höchst umstrittenen Rechtsfrage beruhender erneuter Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Integrität einer Partei dann nicht so schwer, dass er im Statusverfahren zur Unverwertbarkeit des eingeholten Abstammungsgutachtens führen müsse. Bei einer vorzunehmenden Güterabwägung sei es für das Kind eher zumutbar, die statusrechtliche Folge einer vor Gericht in einem rechtsförmigen Verfahren nachgewiesenen Nichtvaterschaft des Klägers hinzunehmen, als für den Kläger an einer nach diesem Beweisergebnis nicht bestehenden Vaterschaft festgehalten zu werden.
Hinweis
Heimlich eingeholte DNA-Gutachten sind nach wie vor nicht verwertbar. Sie können weder die Schlüssigkeit einer Anfechtungsklage begründen, noch sind sie im Verfahren als Beweismittel verwertbar. Hat aber das Gericht trotz Unschlüssigkeit der Klage gleichwohl eine Beweiserhebung angeordnet, kann sich der Anfechtungskläger das Ergebnis der Beweiserhebung zu eigen und seine Klage damit schlüssig machen. Das Verbot der Berücksichtigung des heimlichen DNA-Vaterschaftsgutachtens setzt sich an dem vom Gericht eingeholten Gutachten nicht fort.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 01....