Leitsatz
Eine vom Vermieter wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ausgesprochene Kündigung genügt dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung (hier: Abriss eines Gebäudes mit geringem, angemessenen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechendem Wohnwert zwecks Errichtung von Neubaumietwohnungen).
Fakten:
Der Wohnblock, um den es im vorliegenden Fall geht, gehört zu einer ursprünglich aus 500 Wohneinheiten bestehenden, in den 1930er-Jahren in einfacher Bauweise errichteten Siedlung. Die meist gefangenen Räume sind klein, haben niedrige Decken, schlechte Belichtung und nicht zeitgemäße Ausstattung. Die Stadt hat dem Vermieter eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt zur Errichtung zeitgemäß zugeschnittener und ausgestatteter, auch für Familien geeigneter Mietwohnungen mit größerer Gesamtwohnfläche und hierfür öffentliche Fördermittel bewilligt. Der Vermieter hatte dem letzten verbleibenden Mieter ordentlich gekündigt wegen wirtschaftlicher Verwertung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der BGH gibt dem Vermieter recht. Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses mit der geplanten Schaffung moderner, bedarfsgerechter Neubaumietwohnungen ausreichend begründet. Der vom Vermieter geplante Abriss des vorhandenen Gebäudes und seine Ersetzung durch einen Neubau stellt eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks dar. Diese ist hier angemessen im Sinne des Gesetzes, da sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird: Der Bauzustand entspricht nicht mehr heutigen Anforderungen an eine angemessene Wohnraumversorgung. Die erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung wurde erteilt
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 09.02.2011, VIII ZR 155/10BGH, Urteil vom 9.2.2011 – VIII ZR 155/10
Fazit:
Eine Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung ist ausreichend begründet, wenn der Vermieter dem Mieter mitteilt, aus welchen Gründen er die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. Der BGH erteilt der Auffassung, der Vermieter benötige zur Begründung einer Verwertungskündigung eine Vorlage von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, etwa zu einer "Sanierungsalternative", eine Absage. Auch führen etwaige Fehler einer vom Vermieter gleichwohl vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Weitere allgemein gültige Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Verwertungskündigungen stellt der BGH nicht auf, sondern fordert eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers.