Leitsatz
Das OLG hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen falsche Angaben zu den eigenen Erwerbseinkünften zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen können.
Sachverhalt
Nach einer Ehedauer von 24 Jahren waren die Parteien im Jahre 1990 geschieden worden. Im Ehescheidungsurteil wurde der Ehemann verurteilt, an die Ehefrau Elementarunterhalt, Altersvorsorgeunterhalt und Krankenvorsorgeunterhalt von insgesamt 838,31 EUR zu zahlen. Bei der Ermittlung dieses Unterhalts wurden aufseiten der Ehefrau 792,85 DM als Erwerbseinkommen aus einer Teilzeittätigkeit berücksichtigt.
Gegen diesen Unterhaltstitel erhoben die Parteien in den Folgejahren abwechselnd diverse Abänderungsklagen aufgrund veränderter wirtschaftlicher Umstände. Dabei wurde der Ehefrau, die die Ausübung einer eigenen Erwerbstätigkeit stets bestritt, ein fiktives Nettoeinkommen i.H.v. zuletzt 920,00 EUR zugerechnet. Gerichtlichen Auflagen zur Vorlage ihrer Einkommensteuerbescheide kam sie nicht nach. Erst in einem im Jahre 2007 von ihr selbst geführten Abänderungsverfahren bestätigte sie durch die Vorlage von Unterlagen die Behauptung des Ehemannes, dass sie selbständig als Werbedame erwerbstätig sie, berief sich aber zugleich darauf, ohnehin nicht mehr als das ihr fiktiv zugerechnete Einkommen von 920,00 EUR netto verdient zu haben.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Abänderungsklage des Ehemanns abgewiesen und sich zur Begründung der Argumentation der Ehefrau angeschlossen.
Hiergegen hatte der Ehemann Berufung eingelegt und sein erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt, wonach er festgestellt wissen wollte, dass er seit dem Monat Oktober 2007 Geschiedenenunterhalt nicht mehr schulde.
Das Rechtsmittel führte in der Sache zum Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Ehefrau ständen Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt seit Oktober 2007 wegen deren Verwirkung nicht mehr zu.
Im Oktober 2007 sei die Ehefrau aufgefordert worden, auf ihre Rechte aus dem Titel zu verzichten. Ihr Verhalten stelle einen versuchten Prozessbetrug dar, wobei es nicht darauf ankomme, ob dem Ehemann ein Vermögensschaden entstanden sei. Die Ehefrau habe stets wahrheitswidrig den Eindruck erweckt, ihr sei die Erzielung eines Erwerbseinkommens nicht möglich. Dies stelle eine schwerwiegende Verletzung der nachehelichen Solidarität dar, die geeignet gewesen sei, überhöhte Unterhaltsansprüche zu erwirken. Auch die lange Ehedauer und die ehebedingten Nachteil der Ehefrau führten zu keiner anderen Beurteilung, zumal aufgrund der Unterhaltsrechtsreform auch ein seit 19 Jahren bestehender Unterhaltsanspruch ohnehin hätte herabgesetzt und/oder befristet werden müssen.
Hinweis
Einkünfte sind selbst dann anzugeben, wenn sie hinter dem zugerechten fiktiven Erwerbseinkommen zurückbleiben. Das OLG Brandenburg hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht maßgebend sei, ob das tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen der Ehefrau höher gewesen sei als das zugerechnete fiktive Einkommen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.05.2009, 9 UF 85/08