Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 23 WEG, § 47 ZPO
Kommentar
1. Reicht ein Wohnungseigentümer zwar fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG Anfechtungsanträge gegen Eigentümerbeschlüsse ein, betreibt er jedoch danach über viele Jahre hinweg das gerichtliche Verfahren nicht weiter, sondern will es auf längere Dauer ersichtlich in der Schwebe halten, kann sein Anfechtungsrecht verwirkt sein (wovon im vorliegenden Fall auszugehen war). Auch die Nichtzahlung eines geforderten Gerichtskostenvorschusses (vorliegend nach Ablehnung beantragter Prozesskostenhilfe und mehreren erfolglosen Richterablehnungsgesuchen) kann bedeuten, dass das Anfechtungsverfahren nicht ernsthaft ausgeübt wird; einer Gemeinschaft kann die dauernde Ungewissheit über die Gültigkeit ihrer Beschlüsse nicht zugemutet werden, zumal sich auch Beweismöglichkeiten durch Zeitablauf verschlechtern.
Der Senat folgt allerdings der (wohl) h.R.M. (vgl. BVerfGE 10, 264, 269; BayObLGZ 1971, 289, 292; OLG Köln, WM 95, 345 und 96, 304 und 446; Bärmann/Pick/Merle, 7. Aufl., § 48 Rn. 71; Palandt/Bassenge, BGB, 55. Aufl., § 48 Rn. 1), dass ein Antrag nicht wegen Nichtzahlung des Kostenvorschusses zurückzuweisen ist, sondern lediglich das Verfahren solange ruht, wie der Vorschuss nicht eingezahlt ist (vgl. ebenfalls KG, ZMR 89, 204 bei Fußnote 77). Allerdings kann man im Einzelfall von Verwirkung ausgehen (wie etwa auch bei unbefristeten Rechtsmitteln), wobei freilich bei Anwendung dieses Grundsatzes Zurückhaltung geboten und eine sorgfältige Abwägung aller Umstände angebracht ist, damit nicht auf diesem Wege Befristungen eingeführt werden, die das Gesetz nicht vorsieht. Im vorliegenden Fall konnte das Verhalten des Antragstellers als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, da er eine Förderung des Verfahrens über Jahre hinaus verhinderte und sogar auf die mögliche Verwirkung seines Anfechtungsrechts hingewiesen worden war. Es musste deshalb Verschleppungsabsicht unterstellt werden. Vorinstanzen haben auch nicht gegen Wartepflichten gem. § 47 ZPO verstoßen.
2. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert in III. Instanz von DM 15.000,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 25.04.1997, 24 W 8686/96)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
M.E. sollte in solchen Fällen nicht allein auf schwierige richterliche Ermessensfragen einer Verwirkung oder eines Rechtsmissbrauchs (je nach besonderem Einzelfall) abgestellt werden. Durchaus möglich erscheint mir weitere Nachfristsetzung des Gerichts zur Vorschusszahlung mit anschließender Terminierung und Beschlussentscheidung auf Antragsrückweisung als unzulässig (ggf. auch in sofortiger Beschlussentscheidung ähnlich einem negativen Versäumnisurteil nach ZPO, wenn bis zum Verhandlungstermin der Vorschuss durch den Antragsteller immer noch nicht einbezahlt sein sollte). In diesem Sinne haben entgegen der Meinung des KG zuletzt auch das AG Kerpen, Beschluss v. 07.03.1996, 15 II 30/95= WM 7/96, 446) und auch das AG München, vom 31.10.1996, UR II 877/95, sowie schon früher das, entschieden, ebenfalls in Widerspruch zu OLG Köln vom 27. 1. 1995 und vom 2. 2. 1996. M.E. kann also in solchen Fällen auch Terminantrag durch die Gegenseite gestellt werden, verbunden mit dem Antrag auf Verwerfung der Anfechtung als unzulässig (ebenfalls AG München, vom 30. 3. 1994, UR II 931/93). Vgl. zur Problematik auch ETW, Gruppe 7, Seiten 20 und 54. Für mich ist in solchen Fällen jedenfalls kein Grund ersichtlich, von einem "Ruhen des Verfahrens" (von Amts wegen?) ausgehen zu müssen, insbesondere ohne Zustimmung der Gegenseite.
Vgl. auchOLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.10.1997, 3 WX 321/97 und OLG Köln, Beschluss v. 07.07.1997, ZMR 2/1998, 110.