Leitsatz
Auch bei einer Scheckzahlung ist der den Schuldnerverzug beendigende Zeitpunkt erst dann anzunehmen, wenn der Scheckbetrag beim Gläubiger wertgestellt ist und dieser über ihn verfügen kann. Diese Auslegung von §§ 270, 269 BGB ist aufgrund Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/35/EG geboten.
(amtlicher Leitsatz des Gerichts)
Normenkette
BGB § 556b; Richtlinie 2000/35/EG
Kommentar
In dem zwischen den Parteien bestehenden Pachtvertrag ist u.a. vereinbart, dass der Pachtzins monatlich, jeweils am 10. Werktag des Folgemonats, zu bezahlen ist. Der Pächter hat die Pacht in der Vergangenheit per Scheck bezahlt, wobei er diesen jeweils am 10. Werktag zur Post gegeben hat. Nach Ansicht des Verpächters ist eine Zahlung nur rechtzeitig, wenn der Empfänger des Schecks am Fälligkeitstag über den entsprechenden Betrag verfügen kann. In dem zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit hat der Verpächter den Pächter auf Zahlung von Verzugszinsen, jeweils vom 11. Werktag des Folgemonats bis zur Wertstellung der Schecksumme durch die Bank in Anspruch genommen.
Die Klage hatte Erfolg: Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH kommt es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung auf den Zeitpunkt der Leistungshandlung, nicht auf den des Eintritts des Leistungserfolgs an (grundlegend: BGH, Urteil v. 5.12.1963, II ZR 219/62, NJW 1964 S. 499). Bei der Zahlung per Scheck wird die Leistungshandlung durch Absendung des Schecks bewirkt (BGH, Urteil v. 11.2.1998, VIII ZR 287/97, NJW 1998 S. 1302).
Beim Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen ist allerdings die Richtlinie 2000/35/EG vom 29.6.2000 (Zahlungsverzugsrichtlinie, ABl. v. 8.8.2000) zu beachten (Langenberg, in Schmidt-Futterer, § 556b BGB Rdn. 5). Danach ist der Gläubiger berechtigt, Zinsen wegen Zahlungsverzugs geltend zu machen, wenn er den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten hat, es sei denn, dass der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2000/35/EG).
Rechtzeitige Banküberweisung
Der Mieter oder Pächter muss die Miete oder Pacht mithin so zeitig auf den Weg bringen, dass er mit deren rechtzeitigem Eingang beim Vermieter rechnen kann.
Dies hat der EuGH in einem Fall entschieden, in dem die Miete per Überweisung bezahlt wurde (EuGH, Urteil v. 3.4.2008, C-306/06, NJW 2008 S. 1935).
Der Senat folgt dieser Rechtsprechung und führt aus, dass die vom EuGH für die Banküberweisung entwickelten Grundsätze auch für die Zahlung per Scheck gelten.
Rechtzeitige Scheckeinreichung
Deshalb muss der Mieter oder Pächter einen Scheck so rechtzeitig zur Post bringen, dass der Vermieter/Verpächter bei Berücksichtigung der üblichen Bankbearbeitungszeiten über die Schecksumme am Fälligkeitstag verfügen kann.
Verzögerungen bei der Scheckbearbeitung durch die Bank des Vermieters/Verpächters hat der Mieter/Pächter nicht zu vertreten. Gleiches gilt, wenn der Empfänger den Scheck nicht unverzüglich nach dessen Erhalt bei seiner Bank einreicht.
Zahlungsverkehr mit Verbrauchern noch offen
Ungeklärt ist, welche Folgerungen aus der Richtlinie 2000/35/EG und dem Urteil des EuGH vom 3.4.2008 hinsichtlich der Fälligkeit der Miete beim Zahlungsverkehr mit Verbrauchern zu ziehen sind. Der BGH hat die Frage bisher nicht entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 13.7.2010, VIII ZR 129/09, NJW 2010 S. 2879 unter Rz. 36).
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Richtlinie 2000/35/EG im Interesse der einheitlichen Auslegung des § 270 Abs. 1 BGB auch für diese Zahlungen gilt (AG Kassel, Urteil v. 4.1.2010, 453 C 4954/09, WuM 2010 S. 92; Langenberg, a.a.O.; Palandt/Grüneberg, § 270 BGB Rdn. 5; Jablonski, GE 2011, S. 526; a.A.: Eisenhardt, WuM 2011, S. 408).
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Urteil vom 11.05.2011, 2 U 1000/10