Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylrecht
Tenor
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 24. Oktober 1996 verpflichtet, den Kläger auf seinen Asylantrag vom 11./17. Oktober 1996 als Asylberechtigten anzuerkennen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der am 16. Juni 1979 in Syrien geborene Kläger ist der Sohn des Herrn … der seit dem 24. Mai 1996 von der Bundesrepublik Deutschland unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt ist. Im Oktober 1996 gelangte der Kläger mit einem gefälschten Paß auf dem Landweg über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland. Hier beantragte er mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 11. Oktober 1996 die Gewährung politischen Asyls, wobei er sich auf § 26 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) berief. Der Asylantrag blieb verwaltungsseitig erfolglos (Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – Bundesamt – vom 24. Oktober 1996). Auch die verwaltungsgerichtliche Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des erkennenden Gerichts vom 29. September 1998 – 4 K 94/97.A –). Die Kammer war der Ansicht, der Kläger könne Familienasyl nicht beanspruchen, weil er aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Den Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil der Kammer zuzulassen, lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW) mit Beschluß vom 24. November 1998 – 9 A 5039/98.A – ab, wobei es der Meinung war, die Berufung sei nicht deshalb zuzulassen, weil die erste Instanz „übersehen” habe, daß § 26 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG einschlägig sei.
Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen hob das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 8. Juni 2000 – 2 BvR 2279/98 – das Urteil der Kammer vom 29. September 1998 auf und erklärte den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts vom 24. November 1998 für gegenstandslos. Die 1. Kammer des 2. Senats des Gerichts war der Auffassung, die erkennende Kammer sei einer „krassen Missdeutung” des § 26 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG erlegen; die einschlägige Begründung der angefochtenen Entscheidung sei nicht lediglich rechtsfehlerhaft, sondern willkürlich, so daß der Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt werde.
Der Kläger ist der Ansicht: Die Beklagte sei nach Artikel 4 des Dubliner Übereinkommens (DÜ) vom 15. Juni 1990, welches am 1. Oktober 1997 auch für Österreich in Kraft getreten sei, für die Prüfung seines Asylantrags zuständig, weil die Beklagte seinem Vater Asyl zuerkannt habe. Dem Umstand, daß die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung noch eine andere gewesen sei, komme keine Bedeutung zu. Zwar wirkten völkerrechtliche Verträge grundsätzlich nur für die Zukunft, so daß die Beklagte erst ab 1997 zuständig geworden sei. Nach § 77 Abs. 1 AsylVfG habe das Gericht jedoch auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, so daß die heutige Geltung des Dubliner Übereinkommens zugrundezulegen sei. Hierbei sei es unschädlich, daß er – der Kläger – mittlerweile volljährig sei. Denn insoweit greife die Spezialvorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ein, wonach hinsichtlich des Alters auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abzustellen sei. Artikel 4 Abs. 2 DÜ stehe dem Klagebegehren nicht entgegen. Soweit dort von einem unverheirateten minderjährigen Kind die Rede sei, sei gleichfalls der Zeitpunkt der Asylantragstellung maßgebend.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 24. Oktober 1996 zu verpflichten, den Kläger auf seinen Asylantrag vom 11./17. Oktober 1996 als Asylberechtigten anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht: Ihre Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers sei in Ansehung seiner Einreise über Österreich nicht gegeben, weil das Dubliner Übereinkommen insoweit erst am 1. Oktober 1997 in Kraft getreten sei, so daß es weder im Zeitpunkt der Einreise des Klägers noch zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung bzw. der Erteilung des Bescheides anzuwenden gewesen sei. Eine Rückwirkung komme den betreffenden Vorschriften nicht zu. Selbst wenn man mit dem Kläger auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstelle, sei sie – die Beklagte – zwar zuständig, jedoch sei der Kläger in diesem Falle kein minderjähriges Kind mehr. Danach sei die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten beanspruchen, daß diese ihn als Asylberechtigten anerkennt.
Daß ein Kläger ungeachtet der Illegalität seiner Einreise in das Bundesgebiet und ungeachtet der Tatsache, daß er bereits in ...