Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalrat. Mitglied. Freistellung. Vorschlag. Übergehen. Gruppe. Vorstand
Leitsatz (amtlich)
Die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Beschlusses, durch den vom Personalrat festgelegt wurde, für welche seiner Mitglieder Freistellung gemäß § 43 Abs. 1 PersVG Berlin beantragt werden soll, ist nicht an die Frist des § 22 PersVG Berlin gebunden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 5. Mai 1991 – BVerwG 6 P 15.89 – BVerwGE 88, 183 für Wahl eines Vorstandsmitglieds).
Orientierungssatz
Freistellungentscheidung des Personalrats für nicht dem Vorstand angehörendes Personalratsmitglied unter Übergehung einer Gruppe.
Normenkette
PersVG Berlin §§ 22, 29, 43; BetrVG §§ 19, 38
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Beteiligten zu 1.) vom 8. Dezember 2004 insoweit unwirksam ist, als bei der Freistellung die Gruppe der Angestellten nicht berücksichtigt worden ist.
Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 4.000,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller erstrebt als Angehöriger und gewähltes Vorstandsmitglied des Beteiligten zu 1.), dass dieses Gremium bei der Freistellung die Gruppe der Angestellten berücksichtigt.
Der Antragsteller ist ordentliches Mitglied des im Dezember 2004 gewählten Personalrats der …, des Beteiligten zu 1.). Von den insgesamt 645 Beschäftigten der Dienststelle (632 nach Angaben des Beteiligten zu 2.) gehören 543 (bzw. 536) zur Gruppe der Beamten, 72 (bzw. 66) zur Gruppe der Angestellten und 30 zur Gruppe der Arbeiter. Der Beteiligte zu 1.) besteht insgesamt aus 11 Mitgliedern, davon sind acht Beamte, zwei Angestellte und ein Mitglied Arbeiter.
In seiner konstituierenden Sitzung am 8. Dezember 2004 beließ der Beteiligte zu 1.) es nach „Erläuterung und Diskussion innerhalb des Gremiums” bei der Mindestgröße von drei Vorstandsmitgliedern. Aus jeder im Personalrat vertretenen Gruppe wurde ein Vertreter in den Vorstand gewählt, darunter der Antragsteller.
Der Beteiligte zu 1.) beschloss in seiner Sitzung am 8. Dezember 2004, die gemäß § 43 Abs. 1 PersVG Berlin (im Folgenden zitiert: PersVG) vorgesehene Freistellung von zwei Personalratsmitgliedern für den zuvor gewählten Vorsitzenden (Beamter) und das ebenfalls der Gruppe der Beamten angehörende Mitglied des Personalrats N., das zu diesem Zeitpunkt nicht in den Vorstand gewählt war, gegenüber dem Dienstherrn zu beantragen. Der mit zukünftiger Mehrarbeit im Angestelltenbereich begründete Antrag des Antragstellers, die zweite Freistellung einem Mitglied der Gruppe der Angestellten zukommen zu lassen, war zuvor vom Personalrat durch gesonderte Abstimmung abgelehnt worden. Eine inhaltliche Begründung dieser Entscheidungen enthält das über die konstituierende Sitzung gefertigte Protokoll nicht.
In seiner Sitzung am 9. Dezember 2004 beschloss der Beteiligte zu 1.), den Vorstand auf fünf Mitglieder zu erweitern und wählte den Beamten N. und die zweite Angestellte in den Vorstand nach.
Gegen den Beschluss, mit dem die zweite Freistellung auf den Beamten N. entfiel, wendet sich der Antragsteller mit seinem am 13. Januar 2005 bei Gericht eingegangenen Begehren. Er vertritt die Auffassung, sachliche Gründe, die Gruppe der Angestellten bei der Freistellung nicht zu berücksichtigen, seien nicht gegeben. Für die Wahrnehmung der Vorstandsfunktion sei es erforderlich, dass entweder seine Freistellung oder die Freistellung der weiteren Angestelltenvertreterin ganz oder teilweise erfolge.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen,
dass der Beschluss des Beteiligten zu 1.) vom 8. Dezember 2004 insoweit unwirksam ist, als bei der Freistellung die Gruppe der Angestellten nicht berücksichtigt worden ist.
Die Beteiligten zu 1.) und 2.) beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1.) meint und beruft sich dabei auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Januar 1992 – 7 ABR 24.91 –, die Anfechtung der Wahl der Freigestellten sei unzulässig, weil die Anfechtungsfrist von zwei Wochen gemäß § 22 Abs. 1 PersVG verstrichen sei. Im Übrigen sei der Geschäftsanfall des Personalrats innerhalb der Gruppe der Angestellten in den letzten zwei Jahren „Null” gewesen. Demgegenüber sei annähernd ausschließlich die Gruppe der Beamten bei den Beratungsfällen des Personalrats beteiligt.
Der Beteiligte zu 2.) beruft sich ebenfalls auf Verfristung und bezweifelt das Antragsrecht des Antragstellers als einzelnes Personalratsmitglied. Im Übrigen sieht er sachlichen und stichhaltigen Grund für eine Abweichung von dem in § 43 Abs. 1 Satz 3 PersVG zum Ausdruck kommenden, dem Minderheitenschutz dienenden Gruppenprinzip in der „sehr geringen” Größe der Gruppe der Angestellten im Vergleich zur Gruppe der Beamten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag ist zulässig.
Unbeachtet dessen, dass der Anspruch auf Freistellung eines Personalratsmitglieds – hier: für den Personalrat gemäß § 43 PersVG – dem Personalrat als Kollektiv zusteht, ist der Antragsteller hinsichtlich des gefassten Beschlusses des Beteiligten zu 1.) über die Auswahl derjenigen M...