Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 05.09.2002; Aktenzeichen 2 BvR 995/02)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der 1980 im Kreis Nusaybin/Provinz Mardin in der Südosttürkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er begehrt Asyl und Abschiebungsschutz. Nach eigenen Angaben ist er im Januar 2001 auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 02.02.2001 stellte der Kläger in Dortmund einen Asylantrag. Von Dortmund wurde er am 05.02.2001 nach Bremen umverteilt.

Nach vorheriger Anhörung beim Bundesamt lehnte dieses mit Bescheid vom 18.06.2001 den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte fest, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung in die Türkei auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Der Bescheid wurde am 20.06.2001 zugestellt.

Am 03.07.2001 hat der Kläger Asylklage erhoben. Er beruft sich auf Gefahren wegen des Verdachts der Unterstützung der PKK sowie auf weitere individuelle und kollektive Verfolgungsumstände.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18.06.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 AuslG vorliegen,

hilfsweise,

festzustellen, daß Abschiebungshindernisse gem. § 53 AuslG vorliegen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Hinblick auf den Vortrag des Klägers und die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 18.06.2001 wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Bundesamtes Bezug genommen. Wegen der ergänzenden Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 02.08.2001 wird auf das Protokoll verwiesen. Das Gericht hat ferner die Akte der Beklagten zum Asylverfahren …, der Schwester des Klägers, beigezogen.

Die Kammer hat durch Beschluß vom 09.07.2001 den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Türkei-Dokumentation des Verwaltungsgerichts Bremen war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit sie in dieser Entscheidung verwertet worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Asylberechtigt nach Art. 16 a Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist jeder, der aus politischen Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen wegen seiner politischen Überzeugung, seiner Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe bei seiner Rückkehr in sein Heimatland gegenwärtig oder in absehbarer Zeit zu befürchten hat (BVerwGE 67, 184), wenn ein Zusammenhang zwischen Verfolgungsgefahr und Flucht des Asylbewerbers besteht oder wenn nach Verlassen des Heimatstaates aus eigenem Entschluß vom Asylbewerber geschaffene Tatbestände, die eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Heimatstaat befürchten lassen, sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten Überzeugung darstellen oder objektive Nachfluchtgründe vorliegen, die durch Vorgänge im Heimatland unabhängig von der Person des Asylbewerbers ausgelöst wurden (BVerfGE 74, 51).

Asylrelevante Verfolgungsmaßnahmen sind solche, die eine unmittelbare Gefahr für Leib, Leben oder die persönliche Freiheit beinhalten oder zu Beeinträchtigungen anderer Rechtspositionen führen, wenn diese nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfGE 54, 341).

Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Ob eine spezifisch an asylerhebliche Merkmale anknüpfende Verfolgungsrichtung vorliegt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der objektiv erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen und Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerfGE 80, 315).

Das Asylrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG beruht auf dem Zufluchtgedanken, mithin auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung – Flucht – Asyl. Nach diesem normativen Leitbild des Asylgrundrechts gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter i.S. des Art. 16 a Abs. 1 GG ist, unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (BVerfGE 80, 344).

Dem Asylsuchenden muß grundsätzlich als Voraussetzung für eine Asylanerkennu...

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