Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgloser Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Ungültigkeitserklärung eines Jagdscheines und den Widerruf der Waffenbesitzkarte nach rechtskräftiger Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung bei der Jagd zu 90 Tagessätzen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Ungültigkeitserklärung eines Jagdscheines und dem Widerruf der Waffenbesitzkarte handelt es sich um sog. „typische Interessenlagen”, bei denen das besondere öffentliche Vollzugsinteresse im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes zusammenfallen.
2. Die rechtskräftige Verurteilung zu 90 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung bei einem „Jagdunfall” rechtfertigt im Regelfall die Ungültigkeitserklärung des Jagdscheines und den Widerruf der Waffenbesitzkarte.
Normenkette
BJG §§ 18, 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 7.250,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der derzeit 24 Jahre alte Antragsteller wendet sich gegen einen auf der Grundlage des Bundesjagdgesetzes in Verbindung mit dem Saarländischen Jagdgesetz, dem Waffengesetz und der Verordnung zur Durchführung des Waffengesetzes ergangenen Bescheid, mit dem ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs der Jagdschein für ungültig erklärt und die Waffenbesitzkarte widerrufen wurden und er verpflichtet wurde, die Jagdscheinhefte der unteren Jagdbehörde binnen 8 Tagen zurückzugeben, die in der Waffenbesitzkarte aufgeführten Waffen nebst Munition binnen zwei Monaten einem Berechtigten zu überlassen oder sie unbrauchbar zu machen und das nachzuweisen sowie eine Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheines bis zum 12.06.2012 festgesetzt wurde und ihm für den Fall der Nichtbefolgung hinsichtlich der Waffen nebst Munition die Sicherstellung angeordnet und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Abgabe der Jagdscheinhefte ein Zwangsgeld in Höhe von 250 Euro angedroht und zugleich festgesetzt wurde.
I.
Dem seinerzeit 16 Jahre alten Antragsteller wurden am 24.08.1999 der Jagdschein Nr. … und die Waffenbesitzkarte Nr. … erteilt. Seit Juli 2004 ist er Jagdausübungsberechtigter im gemeinschaftlichen Jagdbezirk N.
Am 04.10.2004 befand sich der Antragsteller ausweislich des Urteils des Landgerichts S. vom 31.10.2006 gegen 16.00 Uhr als jagdausübungsberechtigter Jagdpächter zusammen mit seinem seinerzeit väterlichen Freund, Herrn R., auf einer gemeinsamen Jagd. Die Begehung erfolgte zur weiteren Ausbildung des Hundes des Herrn R. und zur Hasenjagd. Vereinbarungsgemäß bewegten sich die beiden Herren parallel einer mit Buschwerk überzogenen Böschung, als der Antragsteller in niedrigem Buschwerk einen Hasen sah. Ohne Sicht auf das weitere Gelände und ohne Sicht auf Herrn R. schoss der Antragsteller mit seiner Bockdoppelflinte in Richtung des Hasen und verletzte dabei Herrn R. schwer; er erlitt Schussverletzungen am Auge, Hals und im Brustbereich. Der linke Augapfel wurde derart beschädigt, dass er operativ mit Silikon aufgefüllt werden musste, das bei einer späteren Operation wieder entfernt wurde. Die Sehkraft des Auges reicht nur noch für 1 m. Infolge der Kehlkopfverletzung erlitt Herr R. Sprachstörungen. Weitere Schrotteile befinden sich noch in dessen Körper.
Nach Einschätzung des Landesjägermeisters im Schreiben an den Stadtverband S. vom 23.12.2004 hat der Antragsteller den Jagdunfall grob fahrlässig verursacht, weil er in Richtung von Herrn R. schoss, obwohl er gewusst habe, dass dieser sich parallel zu ihm bewegt habe. Zudem habe sich in Verlängerung der Schussrichtung eine Brotfabrik befunden, so dass ein Schuss dorthin unzulässig gewesen sei. Damit lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJG (leichtfertige Verwendung von Schusswaffen) vor.
Der seinerzeit zuständige Stadtverband S. behielt den Jahresjagdschein des Antragstellers am 09.02.2005 mit dem Hinweis ein, dass dieser nicht verlängert und der erteilte Jagdschein eingezogen werde. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten am 15.02.2005 Widerspruch: Zwingende Unzuverlässigkeitsgründe lägen nicht vor. Aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ergebe sich nicht, dass er leichtfertig (= grob fahrlässig) gehandelt habe.
Am 16.03.2005 fand eine Besprechung beim Stadtverband statt, die zu folgendem Ergebnis führte: Da die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft nicht vorliege, könne derzeit nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Da das Jagdpachtverhältnis erlösche, wenn der Antragsteller ab 01.04.2005 keinen gültigen Jagdschein habe, wurde dieser für ein Jahr verlängert. Im Falle einer Verurteilung (60 Tagessätze oder grobe Fahrlässigkeit) seien Jagdschein und Waffenbesitzkarte sofort zu widerrufen.
Am 19.08.2005 wurde der Antragsteller von der Staatsanwaltschaft S. wegen fahrlässiger Körperverletzung beim Amtsgericht – Strafrichter – in A-Stadt angeklagt.
Mit Urteil des Amtsgerichts – Strafrichters – A-Stadt vo...