Entscheidungsstichwort (Thema)
Erkennungsdienstliche Behandlung bei Sexualstraftat. hinreichende Wiederholungsgefahr
Leitsatz (amtlich)
Bereits die einmalige Begehung einer Sexualstraftat reicht zur Annahme einer hinreichenden Wiederholungsgefahr aus, weil Sexualdelikte regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt sind.
Normenkette
VwGO § 80; SPolG § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 12.01.2009 ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Dem Widerspruch gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung und gegen die Vorladung, die angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Verschiebung des Termins nunmehr auf den 12.02.2009 lautet, kommt wegen der ergangenen Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. Hinsichtlich der angedrohten Zwangsmaßnahmen ergibt sich der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung aus §§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 20 AGVwGO.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Zunächst hat die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch genügenden Weise begründet. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges muss einzelfallbezogen erkennen lassen, auf Grund welcher Umstände die Behörde in Ausnahme zum gesetzlichen Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO von einem Vorrang des öffentlichen Interesses am Vollzug des Verwaltungsaktes ausgeht. Im vorliegenden Fall lässt der Verweis auf die bei Sexualstraftätern bestehende Wiederholungsgefahr und die in dem Bescheid ausdrücklich geäußerte Befürchtung, dass zukünftig Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller (“Sie”) zu führen sind, erkennen, dass die Antragsgegnerin aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles dem öffentlichen Interesse besonderes Gewicht beigemessen und einen Aufschub der erkennungsdienstlichen Behandlung im Interesse einer wirksamen Gefahrenabwehr nicht für angezeigt gehalten hat. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass in dem Bescheid auf die konkrete Verurteilung des Antragstellers – dieser ist durch Urteil des Amtsgerichts A…-Stadt vom 22.10.2007 – 9 Ls 306/07 – zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden – Bezug genommen wird. Daraus und aus der in der Begründung des Sofortvollzuges gezogenen Schlussfolgerung, dass in der Person des Antragstellers weitere Ermittlungsverfahren wegen gleichgelagerter Straftaten zu befürchten sind, ergibt sich in hinreichender Weise, dass die Antragsgegnerin in ihrer Begründung des Sofortvollzuges auf den Einzelfall abgestellt hat.
Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt hinsichtlich der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung und der Vorladung nicht in Betracht, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers überwiegt, zunächst – bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren – von dem Vollzug des nicht bestandskräftigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben. Bei der Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kommt einer Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zu. Während ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht bestehen kann, verdient umgekehrt in der Regel das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes Vorrang vor dem privaten Suspensivinteresse, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist.
Im vorliegenden Fall sind beide in Rede stehende Verwaltungsakte (die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung und die Vorladung) offensichtlich rechtmäßig.
Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist in der Verfügung zu Recht auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 SPolG gestützt worden. Danach kann die Vollzugspolizei erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn das zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben, wegen Art, Ausführung und Schwere der Tat und der Persönlichkeit der oder des Betroffenen die Gefahr der Wiederholung besteht und die erkennungsdienstlichen Unterlagen zu führende Ermittlungen fördern könnten. Diese Befugnis der Polizei besteht erst recht, wenn der Betroffene einer Straftat nicht nur verdächtig ist, sondern – wie hier – bereits wegen einer solchen Straftat (im vorliegenden Fall sogar rechtskräftig) verurteilt worden ist
vgl. Berner/Köhler, Polizeiaufgabengesetz, 18. Aufl. 2006, S. 157 Rn. 11.
Nicht zu beanstanden ist des Weiteren...