Entscheidungsstichwort (Thema)
Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen. Fahren unter Cannabiseinfluss
Normenkette
StVG § 3 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. q; FeV § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 7
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 13.12.2006 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.12.2006, mit dem ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde, wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch im übrigen zulässig. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend damit begründet, dass ohne sie bis zur Bestandskraft der Entscheidung ein Risiko für die übrigen Verkehrsteilnehmer bestehe, das nicht hinnehmbar sei.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt dem gegenüber das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Im vorliegenden Fall hat der vom Antragsteller erhobene Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg, denn die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin vom 11.12.2006 erweist sich im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse im Ergebnis als rechtmäßig.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. q StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 der FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 i.V.m. Vorbem. Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV ist ein Kraftfahrer, der gelegentlich Cannabis einnimmt, im Regelfall – unter anderem – dann als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn er nicht hinreichend zwischen Konsum und Fahren trennt.
Diese Voraussetzungen sind im Fall des Antragstellers erfüllt.
Ab welcher THC-Konzentration ein fahreignungsrelevanter Cannabiseinfluss angenommen werden kann, ist in der Rechtsprechung maßgeblich für den Bereich einer THC-Konzentration zwischen 1,0 ng/ml und 2,0 ng/ml umstritten.
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 14.07.2006, 1 W 35/06, und vom 01.06.2006, 1 W 26/06; BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002, 1 BvR 2062/96, Z/s 2002, 454; Bay. VGH Beschluss vom 25.01.2006, 11 Cs 05.1711, wonach bei gelegentlichem Konsum von Cannabis und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 ng/ml und 2,0 ng/ml ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert wird; siehe auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.06.2005, 4 MB 49/05; OVG Hamburg, Beschluss vom 15.12.2005, 3 BS 214/05; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, 10 S 2519/05 und vom 15.11.2004, 10 S 2194/04, die allesamt bereits ein fehlendes Trennungsvermögen schon bei einem THC-Wert zwischen 1,0 ng/ml und 2,0 ng/ml annahmen; siehe auch: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.01.2004, 7 A 10206/03, wonach zusätzlich die Feststellung Cannabis bedingter Beeinträchtigungen erforderlich sei; alle Entscheidungen zitiert nach juris
Nach der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung kann jedenfalls bei einer THC-Konzentration über 2,0 ng/ml von fahreignungsrelevantem Cannabiseinfluss ausgegangen werden. Bei einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml ließen sich ausweislich einer gutachterlichen Stellungnahme, die dem OVG Rheinland-Pfalz (a.a.O.) vorlag, immerhin bei ca. 50 % der Cannabiskonsumenten Beeinträchtigungen feststellen.
Ausweislich des Untersuchungsergebnisses des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 24.03.2006 ergab die Blutuntersuchung des Antragstellers einen Wert von 0,006 mg/l Tetrahydrocannabinol, 0,001 mg/l Hydroxy-THC und 0,046 mg/l Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure. Die in der Blutprobe des Antragstellers festgestellte THC-Konzentration von 0,006 mg/l entspricht dabei einem Wert von 6,0 ng/ml. Bei der Verkehrskontrolle am 08.03.2006, bei der der Antragsteller als Fahrer eines Kraftfahrzeugs angehalten wurde, gab er – was im vorliegenden Fall nicht bestritte...