Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis bei Fahren unter Alkoholeinfluss von mehr als 0,5 ‰ und gleichzeitigem Nachweis von Spuren von Cannabis im Blut. Mischkonsum
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Befugnis zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Mischkonsum von Alkohol und Cannabis und Teilnahme am Straßenverkehr mit Kraftfahrzeug.
2. Zur Auslegung von § 3 Abs. 3 StVG i.V.m. § 69 Abs. 1 StGB, wenn ein polizeilich eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen das BtMG noch nicht abgeschlossen ist.
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3; StGB § 69 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 316; StVG § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; FeV § 46 Abs. 1 S. 1; BTMG § 1; BtMG §§ 3, 29
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert beträgt 2500 EUR.
Gründe
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 14.09.2009 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 07.09.2009, durch die dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis entzogen und die Abgabe des Führerscheins innerhalb von einer Woche nach Zustellung dieser Verfügung aufgegeben wurde, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß damit begründet, dass das herausragende Vollzugsinteresse der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr fernzuhalten, Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Betroffenen habe, bis zur Bestandskraft der Entziehungsverfügung von Vollziehungsmaßnahmen verschont zu bleiben. Diese Darlegungen genügen den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, zumal in Fahrerlaubnissachen der vorliegenden Art das öffentliche Interesse am Erlass der Entziehungsverfügung in aller Regel dem besonderen öffentlichen Interesse an der Anordnung der sofortigen Entziehung entspricht.
Die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Dies zugrunde gelegt, kann der Antragsteller die Herstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nicht beanspruchen, denn die Verfügung des Antragsgegners erweist sich im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse als rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach ist demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen. Gemäß Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV ist bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis von der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges auszugehen, wenn eine effektive Trennung von Konsum und Fahren gesichert ist. Das gilt aber nur dann, wenn zur gelegentlichen Einnahme von Cannabis kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol erfolgt. Ein nachgewiesener Mischkonsum von Cannabis und Alkohol schließt mithin die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus und berechtigt die Straßenverkehrsbehörde zur Entziehung der Fahrerlaubnis, ohne dass dieser Maßnahme eine Überprüfung des Konsumverhaltens und des Trennungsvermögens vorausgegangen sein muss.
Vgl. dazu etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 21.12.2005, 10 K 3224/05, und VG Ansbach, Beschluss vom 20.04.2009, AN 10 S 09.00461 – jeweils zitiert nach juris.
Vorliegend sind nach derzeitigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen einer fehlenden Eignung des Antragstellers zum Führen eines Kraftfahrzeuges nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt.
Aus dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 02.07.2009 ergibt sich, dass die dem Antragsteller am 16.07.2009 anlässlich einer Verkehrskontrolle in Bexbach entnommene Blutprobe Spuren von etwa 0,0005 mg/l Tetrahydrocannabinol und den Wert von 0,023 mg/l Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure aufweist...