Entscheidungsstichwort (Thema)
Erkennungsdienstliche Behandlung bei Verkehrsdelikten
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; StGB §§ 240, 315c; StPO § 81b Alt. 2, §§ 153, 170 Abs. 2, § 481 Abs. 1, § 484 Abs. 4; SPolG § 30 Abs. 2, § 38 Abs. 2 S. 2 Buchst. a, § 82 Abs. 2, § 85 Abs. 1
Tenor
Es wird festgestellt, dass die mit Bescheid vom 25.08.2008 verfügte Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen und ihre Speicherung insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, als darin die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken angeordnet wurde.
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2008 verpflichtet, die von dem Kläger genommenen Finger- und Handflächenabdrücke zu löschen und die dazugehörigen Unterlagen zu vernichten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen und begehrt die Löschung der dabei gewonnenen Daten.
Der Kläger ist Geschäftsführer des … Markts in …. Die Firma … Markt ist als Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … eingetragen. Dieses Fahrzeug steht dem Kläger regelmäßig zur Verfügung. Mit Schreiben vom 06.08.2008 ersuchte die Polizeiinspektion … die Polizeibezirksinspektion … in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) und der Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB) um Ermittlung und Vernehmung des Fahrers des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …. Nachdem der Kläger am 19.08.2008 und 20.08.2008 an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen werden konnte und die seitens seiner Sekretärin zugesicherte telefonische Rücksprache durch den Kläger unterblieben war, wurde er mit Schreiben der Polizeibezirksinspektion Saarlouis vom 20.08.2008 für den 25.08.2008 zur Vernehmung und zur Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen schriftlich vorgeladen. Dieser Vorladung kam der Kläger ohne Nennung von Hinderungsgründen nicht nach.
Mit Bescheid vom 25.08.2008 wurde der Kläger von der Polizeibezirksinspektion … erneut zur erkennungsdienstlichen Behandlung (Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, Aufnahme von Lichtbildern, Feststellung äußerer körperlicher Merkmale, Messungen) für den 29.08.2008 vorgeladen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, ermittelt werde gegen den Fahrer des …. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei der Kläger für das Fahrzeug verantwortlich. Allein durch die hiesige Dienststelle werde zum dritten Mal gegen ihn wegen Verdachts der Straßenverkehrsgefährdung bzw. Nötigung im Straßenverkehr ermittelt. In allen Fällen sei er nie persönlich angetroffen worden bzw. habe er sich verleugnen lassen. Terminabsprachen seien nicht möglich gewesen, schriftlichen Vorladungen sowie den Bitten um telefonischen Rückruf sei er nicht nachgekommen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungsverfahren sei zu erwarten, dass er auch in Zukunft den genannten Verkehrsdelikten gleichgelagerte Vergehen begehen werde.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.08.2008, das am 29.08.2008 beim Ministerium für Inneres und Sport einging, widersprach der Kläger der Anordnung und Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Nach telefonischer Rücksprache zwischen seinem Prozessbevollmächtigten und der Polizeibezirksinspektion Saarlouis wurde am 29.08.2008 als Termin zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen der 04.09.2008 vereinbart. Am 04.09.2008 wurde die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers durchgeführt. Die bei der erkennungsdienstlichen Maßnahme erhobenen Lichtbilder und zehn Finger-/Handflächenabdrücke wurden im polizeilichen Fahndungssystem gespeichert.
Mit Schreiben vom 27.04.2009 teilte die Widerspruchsbehörde dem Kläger mit, dass nach ihrer Rechtsauffassung sowohl die Anordnung als auch die erkennungsdienstliche Maßnahme selbst keine Wirkung mehr entfalteten, da sie mit Durchführung der Maßnahme abgeschlossen seien. Die Durchführung liege irreversibel in der Vergangenheit und lasse sich daher nicht mehr rückgängig machen. Denkbar sei allenfalls noch eine Umdeutung des Widerspruchs in einen Antrag auf Löschung der erkennungsdienstlichen Unterlagen. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 26.05.2009, es bestünden keine Bedenken gegen einen Verpflichtungswiderspruch, und bat um eine förmliche Bescheidung des Widerspruchs.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2009 wies das Ministerium für Inneres und Sport den Widerspruch gegen die Verfügung der Landespolizeidirektion – PBI … – vom 25.08.2008 zurück. In dem Wid...