Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfeberechtigung eines Landesbeamten im Ruhestand für eine Sehhilfe. zur Systemwidrigkeit des § 4 Abs. 3 a BhVO
Normenkette
BhVO § 4 Abs. 3a; BhV § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Unter Abänderung des Beihilfebescheids vom 05.12.2007 und des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2008 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger Beihilfe für das Hilfsmittel Sehhilfe gemäß Beihilfeantrag vom 19.11.2007 zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der beihilfeberechtigte Kläger, Landesbeamter im Ruhestand, die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung einer Sehhilfe (Brille) für seine Ehefrau. Er ist freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (DAK).
Mit Beihilfeantrag vom 19.11.2007 machte er u.a. insoweit einen Rechnungsbetrag von 289,50 EUR geltend.
Durch Bescheid vom 05.12.2007 lehnte der Beklagte eine Beihilfegewährung mit der Begründung ab, gemäß § 4 Abs. 3 a BhVO seien u.a. Aufwendungen für von der Krankenversorgung ausgeschlossene Hilfsmittel nicht beihilfefähig.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14.12.2007 Widerspruch ein: Ihm stehe gemäß § 15 Abs. 4 BhVO ein Beihilfebemessungssatz von 100 v.H. zu.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14.01.2008 zurück. Dabei wurde ergänzend ausgeführt, nach dem Urteil der Kammer im Verfahren 3 K 37/99 erstrecke sich die Vorschrift des § 4 Abs. 3 a BhVO in zulässiger Weise auch auf diejenigen Beihilfeberechtigten, die ihre Krankenversicherungsbeiträge, wie der Kläger, allein aus eigenen Mitteln trügen.
Hiergegen richtet sich die am 23.01.2008 erhobene Klage. Der Kläger macht geltend, ihm stehe für den Fall, dass er, wie vorliegend, von der Krankversicherung keine Kostenerstattung erhalte, eine Beihilfe bei einem Bemessungssatz von 70 v.H. zu. Das habe ihm der Beklagte durch Schreiben vom 13.12.2007 bestätigt. Die Vorschrift, auf die sich der Beklagte berufe (§ 4 Abs. 3 a BhVO) verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht. Er dürfe nämlich nicht schlechter gestellt werden als die Beamten, die in der privaten Krankenversicherung versichert seien; er sei überhaupt nicht zu einer Krankenversicherung verpflichtet.
Der Kläger beantragt (schriftlich),
unter Abänderung des Beihilfebescheids vom 05.12.2007 und des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2008 den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe für das Hilfsmittel Sehhilfe gemäß Beihilfeantrag vom 19.11.2007 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Begründung im Widerspruchsbescheid.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der einschlägigen Behördenunterlagen Bezug genommen; er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
1. Über die Klage konnte trotz Ausbleibens des – im Übrigen entschuldigten – Klägers in der mündlichen Verhandlung entschieden werden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
2. Die zulässig erhobene Klage ist begründet, denn der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Beihilfeleistung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die von dem Kläger beanstandete Vorschrift des § 4 Abs. 3 a BhVO, auf die der Beklagte seine angefochtenen Entscheidungen maßgeblich stützt, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, die darin liegende Beschränkung des Beihilfeanspruchs hat daher vorliegend außer Anwendung zu bleiben.
Dabei kann dahinstehen, ob sie (auch), wie der Kläger annimmt, gegen den Gleichheitssatz und/oder die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstößt. Sie ist, wie bereits das Bundesverwaltungsgericht – BVerwG – in einer vergleichbaren Konstellation entschieden hat,
BVerwG, Urteil vom 21.09.1989 – 2 C 31.88 –, ZBR 1990, 182 = NVwZ-RR 1990, 314
systemwidrig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zu § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 BhV (F. 1985) des Bundes folgendes ausgeführt:
„…Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf weitere Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen zu, die ihm durch die Behandlung seiner Ehefrau durch einen Heilpraktiker und durch die Verordnung von Arzneimitteln durch den Heilpraktiker entstanden sind. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften – BhV –) in der Fassung vom 19. April 1985 (GMBl. S. 290). Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit, daß der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen dieser Regelung, die als beihilfefähig auch die Aufwendungen für Leistungen eines Heilpraktikers erklärt, erfüllt. Die allein streitige Rechtsfrage, ob § 5 Abs....