Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragungspflicht für die Unterbringung eines Hörgeschädigten in einem Internat
Normenkette
SGB I § 43 Abs. 1 S. 2; SGB X §§ 102, 104; SGB XII § 92 Abs. 1, § 95; BAföG § 2 Abs. 1a S. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 2 S. 1, §§ 14a, 38 S. 2; HärteV §§ 6-7
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 30.10.2007 und des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des A. vom 06.12.2007 wird der Beklagte verpflichtet, die Kosten der Internatsunterbringung des Beigeladenen ab dem 19.09.2006 als Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der 1988 geborene Beigeladene ist stark hörgeschädigt. Er besucht seit dem 19.09.2006 das Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte in St., um dort – im Wege des internatsmäßigen Schulbesuchs – in der gymnasialen Oberstufe das Abitur abzulegen.
Die Kosten des internatsmäßigen Schulbesuchs des Beigeladenen wurden vom Kläger mit Bescheid vom 14.08.2006 als Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I als vorläufige Hilfeleistung übernommen.
Mit Schreiben vom 14.08.2006 beantragte der Kläger beim Beklagten gemäß § 95 SGB XII die Kosten der Internatsunterbringung des Beigeladenen als Zusatzleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (im Folgenden: BAföG) zu übernehmen und machte zugleich einen Erstattungsanspruch gem. § 102 SGB X geltend.
Der Beigeladene beantragte mit am 03.10.2006 beim Beklagten eingegangenen Schreiben Leistungen nach dem BAföG, die mit Bescheid vom 29.11.2006 in Höhe von 93,00 EUR monatlich für den Zeitraum ab September 2006 bis August 2007 bewilligt wurden. Eine Übernahme der Internatskosten – wie vom Kläger beantragt – wurde ausdrücklich abgelehnt.
Mit Bescheid des Klägers vom 06.07.2007 wurden die Kosten des internatsmäßigen Schulbesuchs des Beigeladenen vom Kläger nach § 92 Abs. 1 SGB XII – und nicht mehr im Wege der vorläufigen Leistungsgewährung – übernommen; mit Schreiben an den Beklagten vom gleichen Tag beantragte der Kläger gemäß § 95 SGB XII beim Beklagten erneut die Übernahme der Kosten der Internatsunterbringung des Beigeladenen als Zusatzleistung nach dem BAföG in Verbindung mit der Härteverordnung und machte zugleich einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X geltend. Zur Begründung führte er aus, die internatsmäßige Unterbringung des Beigeladenen sei nicht wegen seiner Behinderung erforderlich, sondern sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass der Beigeladene zum Erreichen des angestrebten Bildungsziels eine Bildungsstätte aufsuchen müsse, die von seinem Elternhaus zu weit entfernt liege, um sie täglich erreichen zu können. Folglich seien die dadurch entstehenden Kosten ausbildungsbedingt. In einem vergleichbaren Fall habe das OVG des Saarlandes diese Rechtsauffassung bestätigt (3 R 12/05).
Mit an den Beigeladenen gerichteten Bescheid vom 30.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der Internatskosten ab.
Gegen diesen dem Kläger am 31.10.2007 zugegangenen Ablehnungsbescheid legte der Kläger mit Eingang beim Beklagten vom 13.11.2007 Widerspruch ein. Der Kreisrechtsausschuss beim Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit am 06.12.2007 ohne mündliche Verhandlung ergangenem Widerspruchsbescheid zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 10.12.2007 als Einschreiben an den Kläger zur Post gegeben.
Der Kläger hat am 09.01.2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der Beigeladene habe zum Erreichen seines angestrebten Bildungsziels eine Ausbildungsstätte außerhalb des Saarlandes besuchen müssen, da das Saarland eine Schule für Hörgeschädigte, an der das Abitur erworben werden könne, nicht vorhalte. Die internatsmäßige Unterbringung sei daher nicht vordergründig wegen der Behinderung notwendig gewesen, sondern zum Erreichen des angestrebten Ausbildungsziels. Von daher greife die Förderung nach dem BAföG. Diese Rechtsauffassung habe in einem vergleichbaren Fall auch das OVG des Saarlandes in seiner Entscheidung vom 20.10.2006 – 3 R 12/05 – vertreten.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 30.10.2007 und des am 06.12.2007 ergangenen Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten den Beklagten zu verpflichten, die Kosten der Internatsunterbringung des Beigeladenen ab dem 19.09.2006 als Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu übernehmen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf eine Entscheidung des Bayr.VGH vo...