Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenanteil bei Beihilfen für Aufwendungen für Heilbehandlungen. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Minderung eines Beihilfeanspruchs. Verstoß gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes

 

Normenkette

SBG § 98; BhVO § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 lit. b

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seine am 19.01.2005, 25.11.2005, 18.10.2006 und 30.10.2007 eingegangenen Beihilfeanträge zu den darin geltend gemachten Aufwendungen für Heilbehandlungen Beihilfe ohne Berücksichtigung eines Eigenanteils (15 %) zu gewähren.

Die Beihilfebescheide vom 02.02.2005, 22.12.2005, 15.11.2006 und vom 21.11.2007 sowie der Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007 werden aufgehoben, soweit sie der vorstehenden Verpflichtung entgegenstehen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der am … 1957 geborene, als Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht St. Ingbert mit einem Bemessungssatz von 50 vom Hundert beihilfeberechtigte Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner vom Beklagten als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen für Heilbehandlungen um einen Eigenanteil von jeweils 15 vom Hundert. In den diesbezüglich angefochtenen Beihilfebescheiden vom 02.02.2005, 22.12.2005, 15.11.2006 und 21.11.2007 ist insoweit jeweils darauf hingewiesen, dass sich nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.06.2003 die beihilfefähigen Aufwendungen für Heilbehandlungen, sofern kein Ausnahmetatbestand (chronische Erkrankung, Person unter 18 Jahren) vorliege, um einen Eigenanteil von 15 % verminderten.

Die vom Kläger hiergegen erhobenen Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007 im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Bescheide zurückgewiesen.

Mit am 10.01.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben.

Er hält den vom Beklagten angewandten ministeriellen Erlass vom 20.06.2003 wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn für rechtswidrig und beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung der Kammer zur ursprünglichen Fassung des Erlasses.

Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seine am 19.01.2005, 25.11.2005, 18.10.2006 und 30.10.2007 eingegangenen Beihilfeanträge zu den darin geltend gemachten Aufwendungen für Heilbehandlungen Beihilfe ohne Berücksichtigung eines Eigenanteils (15 %) zu gewähren und die Beihilfebescheide vom 02.02.2005, 22.12.2005, 15.11.2006 und vom 21.11.2007 sowie den Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007 aufzuheben, soweit sie der vorstehend beantragten Verpflichtung entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Neufassung des § 98 Abs. 3 SBG als gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage sowie darauf, dass er der Fürsorgepflicht durch die Regelung von Ausnahmetatbeständen in dem angewandten Erlass Rechnung getragen habe. Außerdem weist er darauf hin, dass nach § 15 Abs. 7 BhVO auf besonderen Antrag des Beihilfeberechtigten zur Absenkung der Gesamtbelastung durch Eigenanteile eine Erhöhung des Bemessungssatzes gewährt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung erklärten Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Über die Klage war gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit dem Beschluss der Kammer vom 16.05.2008 durch den Einzelrichter zu entscheiden.

Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO konnte trotz Ausbleibens des ordnungsgemäß zum Termin geladenen Klägers verhandelt und entschieden werden.

Die als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 2 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf weitere Beihilfe zu den strittigen Aufwendungen für Heilbehandlungen ohne Abzug eines Eigenanteils von 15 % von den festgesetzten Höchstbeträgen. Die Bescheide des Beklagten vom 02.02.2005, 22.12.2005, 15.11.2006 und vom 21.11.2007 sowie der Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BhVO sind in Krankheitsfällen u.a. zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, für die Beseitigung oder zum Ausgleich erworbener Körperschäden die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang beihilfefähig, wobei über die Notwendigkeit und die Angemessenheit der Aufwendungen die Festsetzungsstelle entscheidet (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BhVO). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 BhVO umfassen...

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