Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG
Leitsatz (amtlich)
Friseure im Irak, die westliche Haarschnitte anbieten oder Bärte stutzen, sind keine bestimmte soziale Gruppe i.S. von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.
Normenkette
AufenthG § 60 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger, irakischer Staatsangehöriger, hat erneut Asylantrag gestellt.
Ein nach der Einreise Mitte 2002 gestellter erster Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes der Beklagten vom 05.01.2004 abgelehnt; es wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert.
Die gegen die Versagung von Abschiebungsverboten gerichtete Klage wurde mit Urteil der erkennenden Kammer vom 31.01.2006 – 2 K 4/06.A – abgewiesen. Zur Begründung ist unter Darlegung im Einzelnen ausgeführt, infolge der im Irak zwischenzeitlichen eingetretenen Veränderung der Verhältnisse – Machtverlust der Baath – Regierung unter Führung von Saddam Hussein – habe der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen illegaler Ausreise bzw. Asylantragstellung im westlichen Ausland nicht mehr zu befürchten. Eine Verfolgungsgefahr bestehe auch nicht mit Blick auf vorgetragene individuelle Verfolgungsgründe. Ein Abschiebungsverbot bestehe auch nicht nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Von einer konkret individuellen Gefährdung des Klägers im Falle der Rückkehr gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG könne nicht ausgegangen werden; ebenso wenig sei der Kläger bei einer Rückkehr landesweit einer extremen Gefährdungslage ausgesetzt. Die Zahl der terroristischen Anschläge in Relation zu der ca. 25 Millionen betragenden Bevölkerungszahl des Irak rechtfertige offensichtlich nicht die Annahme, jeder Iraker werde im Falle seiner Rückkehr unmittelbar und landesweit Gefahr laufen, Opfer entsprechender terroristischer Anschläge zu werden.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30.03.2007 – 3 Q 94/06 – zurückgewiesen.
Am 13.08.2007 hat der Kläger erneut Asylantrag gestellt. Zur Begründung trug er schriftlich im Wesentlichen vor, von den Anhängern Saddam Husseins werde er verfolgt. Sein Bruder sei getötet worden, seinen Neffen habe man entführt und ebenfalls getötet. Darüber hinaus verweise er auf die bekannte allgemeine Lage im Irak.
Mit Bescheid vom 05.10.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ebenso ab wie den Antrag auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides bezüglich der Feststellung zu Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG. Zur Begründung heißt es u.a., bei dem Antrag handele es sich um einen Folgeantrag. Ein weiteres Asylverfahren sei aber nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt seien, was hier nicht der Fall sei. Der Kläger habe sich darauf beschränkt, auf die im Irak herrschende allgemeine Lage und seine Gründe aus dem Asylerstverfahren hinzuweisen. Soweit er sich auf Gründe berufe, die bereits Gegenstand des früheren Verfahrens gewesen seien, sei er damit präkludiert. Gegenüber dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in dem Asylerstverfahren habe sich die im Irak herrschende allgemeine Lage nicht derart verändert, dass nunmehr für den Kläger eine günstigere Entscheidung zu treffen wäre. Individuelle Gründe, aus denen nunmehr eine Verfolgungsgefahr seiner Person hergeleitet werden könne, habe er nicht geltend gemacht.
Gegen den ihm am 10.10.2007 zugestellten Bescheid richtet sich die am 23.10.2007 bei Gericht eingegangene Klage.
Zur Begründung ist vorgetragen, der Kläger habe im Verwaltungsverfahren auch angegeben, dass sein Neffe entführt und getötet worden sei. Auf diesen Grund werde in der Ablehnung nicht eingegangen. Dieser Umstand in Verbindung mit dem Tod seines Bruders sei für ihn aber ein Hinweis, dass seine ganze Familie und damit auch er bedroht seien. Aktuell habe er durch ein Telefonat mit seiner Schwester erfahren, dass sein Bruder Kerim A., der bisher mit seinem Friseurgeschäft noch der letzte Ernährer der Familie gewesen sei, nach schweren Bedrohungen Bagdad verlassen habe. Auch der UNHCR spreche in seinen Hinweisen zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs davon, dass Friseure, die Bärte schnitten oder westliche Haarschnitte anböten, deswegen unmuslimischen Verhaltens bez...