Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf eines seit mehr als sechs Jahren nicht mehr genutzten Grundwasserentnahmerechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 28 Abs. 1 VwVfG wird genügt, wenn die zuständige Fachbehörde den Betroffenen zu der Absicht anhört, der Obersten Wasserbehörde den Widerruf des Wasserrechts vorzuschlagen.

2. Ein “altes Recht” (§ 15 Abs. 4 WHG) bleibt auch dann ein “altes Recht”, wenn es später mengenmäßig reduziert wird.

3. Wird ein Wasserrecht über mehr als 3 Jahre nicht genutzt und äußert sich der Inhaber nicht zur Widerrufsabsicht, genügt der Hinweis auf die Nichtnutzung dem Erfordernis der Begründung der Ermessensentscheidung.

 

Normenkette

GG Art. 14; VwVfG § 28 Abs. 1; SVwVfG §§ 28, 39 Abs. 1, 2 Nr. 2; WHG § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 15 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1; SWG §§ 102-103, 122; LBO 2004 § 82 Abs. 2; LBO § 104 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem das ihr zustehende “alte Recht” zum zu Tage fördern von Grundwasser aus einem Bohrbrunnen in A…-Stadt – St. Johann widerrufen und ein Bescheid vom 04.05.1995 aufgehoben wurden, mit dem das “alte Recht” bis zu 30 m3 Grundwasser pro Stunde aus dem Bohrbrunnen zu Tage zu fördern auf eine Gesamtentnahmemenge von höchstens 100.000 cbm/Jahr begrenzt wurde.

Für die Klägerin wurde am 28.04.1964 im Wasserbuch unter Buchstabe B der laufenden Nummer 54 das “alte nicht auf besonderem Titel beruhende Recht” eingetragen, aus einem 70 m tiefen Bohrbrunnen auf Gemarkung …, Grundwasser bis zu 30 m3/h zur Kühlwasserversorgung zu Tage zu fördern.

Mit Bescheid vom 02.06.1966 erteilte der Minister für Öffentliche Arbeiten und Wohnungsbau – Oberste Wasserbehörde – der Klägerin die widerrufliche Befugnis, “über die bereits als altes Recht verbriefte Wassermenge von stündlich 30 cbm weitere 20 cbm aus der auf der Parzelle … befindlichen Bohrung zur Kühlwasserversorgung und zu Produktionszwecken zu Tage zu fördern. Die aus der Bohrung zu Tage geförderte Gesamtmenge an Grundwasser darf 250.000 cbm/Jahr nicht übersteigen.”

Mit Bescheid vom 04.05.1995 wurden das “alte Recht”, bis zu 30 m3/Stunde zur Kühlwasserversorgung zu Tage zu fördern, auf eine Gesamtentnahmemenge von höchstens 100.000 cbm/Jahr neu festgesetzt und zugleich der Bescheid vom 02.06.1966 aufgehoben: Im Rahmen der Gewässeraufsicht habe das Landesamt für Umweltschutz (LfU) anhand der Gegenüberstellungen der geförderten Grundwasserjahresentnahmemengen der Jahre 1985 bis 1992 mit der zugebilligten Jahresentnahmemenge festgestellt, dass diese ganz erheblich unterschritten werde. So seien z.B. im Jahre 1992 nur 18.000 cbm Wasser entnommen worden. Das LfU habe diesen Sachverhalt der Klägerin mitgeteilt und angekündigt, dass es gegenüber der Obersten Wasserbehörde eine Reduzierung des Wasserrechts von bisher 250.000 cbm/Jahr auf 40.000 cbm/Jahr anregen wolle. In ihrem Antwortschreiben vom 22.09.1993 habe die Klägerin den Feststellungen des LfU nicht widersprochen, jedoch angeregt, die Menge nur auf 100.000 cbm/Jahr zu reduzieren, weil wegen einer beabsichtigten Erweiterung in der Getränkeherstellung zusätzliche Wassermengen benötigt würden. Im Hinblick darauf, dass der Gesamtjahresbedarf durch das “alte Recht” abgedeckt werden könne, sei wie geschehen zu entscheiden gewesen.

Im März 2003 erhielt das LUA Kenntnis davon, dass die Klägerin den Braubetrieb zum 31.12.2002 eingestellt hatte.

Auf Nachfrage der Klägerin, ob das Wasserentnahmerecht aufgrund der Einstellung des Braubetriebes untergegangen sei oder auf unbestimmte Zeit bestehen bleiben könne, teilte das LUA der Klägerin unter dem 20.03.2003 u.a. mit, dass das Wasserrecht nicht auf unbestimmte Zeit bestehen bleiben könne und die bestehende wasserrechtliche Zulassung zu widerrufen sei, wenn die Grundwasserförderung nicht bis spätestens zum 31.12.2005 wieder aufgenommen werde (§ 15 Abs. 4 Nr. 1 WHG). Wenn das Grundstück bis zum 31.12.2005 verkauft werden sollte, könne der Erwerber aus der Bohrung weiter Grundwasser zur Kühlwasserversorgung fördern.

Nachdem eine Wiederaufnahme der Grundwasserförderung nicht festgestellt werden konnte, teilte das LUA der Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2006 mit, es beabsichtige beim Beklagten den Widerruf des Bescheides vom 04.05.1995 sowie die Löschung der Eintragung im Wasserbuch anzuregen und gab der Klägerin vor dem Erlass des Bescheides, mit dem in das Recht eingegriffen werde, Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.03.2006. Dieses Schreiben blieb ebenso wie die weiteren Schreiben vom 27.03.2006 und vom 06.08.2006 von der Klägerin unbeantwortet. Ende Ok...

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