Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtsklage. Gebührenbefreiung. Gebühren für Trinkwasseruntersuchung keine Investitionskosten iSv. § 2 Ziff. 2 KHG
Leitsatz (amtlich)
§ 3 Abs. 1 Satz 2 SaarlGebG setzt nicht voraus, dass die Umlegung der Gebühr auf Dritte unmittelbar und in gleicher Höhe geschieht.
Normenkette
AGVwGO § 17 Abs. 1; SaarlGebG §§ 1-2, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2; IfSG §§ 38-39; KHEntgG § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 3 Abs. 1; KHG § 2 Nrn. 2, 5, §§ 16, 17 Abs. 4, § 17b; AMG § 64; BPflV § 13 Abs. 3; KHG § 1 Abs. 1
Tenor
1. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.10.2008 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich im Wege der Aufsichtsklage gemäß § 17 Abs. 1 AGVwGO gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29.10.2008.
Mit Gebührenbescheid vom 27.08.2007 forderte das Gesundheitsamt des ehemaligen Stadtverbandes Saarbrücken von der Beigeladenen Gebühren in Höhe von 457,00 EUR für durchgeführte Untersuchungen und Kontrollen im Rahmen der Trinkwasserverordnung.
Hiergegen legte die Beigeladene mit Schreiben vom 04.09.2007 unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Saarlouis vom 19.09.2007 – 5 K 133/05 – mit der Begründung Widerspruch ein, nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 SaarlGebG genieße sie persönliche Gebührenfreiheit.
Durch Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 – dem Kläger zugestellt am 23.12.2008 – hob der Beklagte den Bescheid vom 27.08.2007 mit der Begründung auf, zwar würden gemäß §§ 38, 39 Infektionsschutzgesetz (IfSG) i.V.m. der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) und §§ 1, 2 SaarlGebG für Maßnahmen im Rahmen der Trinkwasserverordnung grundsätzlich Gebühren erhoben, allerdings sei die Beigeladene als gemeinnützige Einrichtung gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SaarlGebG gebührenbefreit. Die Gebührenbefreiung sei auch nicht nach § 3 Abs. 1 S. 2 SaarlGebG ausgeschlossen. Danach sei die Gebührenfreiheit ausgeschlossen, wenn die Einrichtung berechtigt sei, die Gebühren Dritten aufzuerlegen oder unmittelbar auf Dritte umzulegen.
Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift genüge die bloße Möglichkeit einer Umlegung der entsprechenden Gebühr auf Dritte. Nicht ausreichend hingegen sei, dass die Körperschaft grundsätzlich in der Lage sei, aus ihren allgemeinen Einnahmen die entsprechende Gebühr zu zahlen. Eine Umlegung auf Dritte setze gerade voraus, dass über die allgemeinen Ausgaben hinaus eine Möglichkeit bestehe, die Kosten unmittelbar auf Dritte umzulegen.
Unter Zugrundelegung dieser Auffassung lägen die Vorraussetzungen für eine Gebührenbefreiung vor. Die Beigeladene sei nicht in der Lage, Dritten die Kosten aufzuerlegen oder sie auf Dritte umzulegen. Insbesondere bestehe für die Beigeladene nicht die Möglichkeit, die Gebühr für die Überwachung des Trinkwassers als Kostenfaktor gegenüber den Krankenhausbenutzern oder deren Kostenträgern geltend zu machen.
Dies folge aus dem Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen vom 23.04.2002 (KHEntgG). Nach § 3 Abs. 1 KHEntgG sei mit der Regelung des § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und der damit ab 2003 optionalen und ab 2004 verpflichtenden Einführung des DRG-Systems eine Ausweitung der pauschalierten Abrechnung auf fast alle teil- und vollstationären Krankenhausbehandlungen mit Ausnahme der Psychiatrie und Psychosomatik erfolgt. Damit sei ein pauschalierendes Vergütungssystem eingeführt worden, das sich ausschließlich an der erbrachten Krankenhausleistung orientiere, wobei Zuschläge nur für besondere Leistungen, wie z.B. die Notfallversorgung, die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 KHEntgG und die Aufnahme von Begleitpersonen, erhoben werden könnten.
Auf Grundlage dieses pauschalierten Abrechnungssystems bestehe für die Beigeladene nicht mehr die Möglichkeit, Betriebskosten individuell in die Abrechnung einzustellen, wie dies früher im Rahmen der Pflegesätze generell möglich gewesen sei. Die anzuwendenden Pauschalsätze seien offensichtlich so kalkuliert, dass dem Krankenhausträger bei entsprechender Verwendung der Einnahmen noch Mittel verblieben, um Investitionen tätigen zu können und Betriebsmittel bereit zu stellen. Dies sei kein Umlegen auf Dritte und erfülle nicht den Tatbestand des § 3 Abs. 1 S. 2 SaarlGebG. Es finde keine kalkulatorische Einbeziehung der anfallenden Gebühren statt, sondern es müssten aus den bereits vorhandenen und der Höhe nach feststehenden Einnahmen die Mittel erwirtschaftet werden, um Investitionen durchführen zu können. Die hier angefallenen Gebühren seien als behandlungsunabhängige...