Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von kostenlosem Mittagessen für eingliederungshilfeberechtigten Behinderten als anrechenbares Einkommen im Rahmen der Grundsicherungsleistungen
Leitsatz (amtlich)
Der Wert des von einem eingliederungshilfeberechtigten Behinderten in der Werkstatt für Behinderte in Anspruch genommenen für ihn kostenlosen Mittagessens darf im Rahmen der ihm gewährten Grundsicherungsleistungen als anrechenbares Einkommen berücksichtigt werden.
Normenkette
BSHG §§ 76-80, 40, 22 Abs. 1 S. 2; GSiG § 3 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten sind nicht zu erheben.
Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der am …1968 geborene Kläger, der zu 100 % schwerbehindert und tagsüber in einer Werkstatt für Behinderte tätig ist, beantragte im Dezember 2002 durch seinen Vater und Betreuer beim Beklagten Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz – GSiG –, die ihm ab dem 01.01.2003 auch bewilligt wurden.
Mit angefochtenem Bescheid vom 31.07.2003 rechnete der Beklagte für die Zeit ab dem 01.09.2003 erstmals ein Werkstatteinkommen des Klägers in Form von Sachbezügen in Höhe von monatlich 47,40 Euro bedarfsmindernd an. Die Anrechnung erfolgte mit Rücksicht auf den Umstand, dass der Kläger in der Behindertenwerkstatt mit Mittagessen versorgt wurde.
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, bei der Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG habe das in der Werkstatt kostenfrei eingenommene Mittagessen nach der Rechtsprechung bedarfsmindernd berücksichtigt werden dürfen, weil sich der Regelsatz der Sozialhilfe am tatsächlichen Bedarf orientiere und für das Mittagessen im Regelsatz ein Bedarfsanteil von 20 % enthalten sei. Die Grundsicherung sei demgegenüber eine Pauschalleistung, die nicht wie die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bedarfsdeckungsgrundsatz berechnet werde. Es könne daher nur Einkommen im Sinne des § 76 BSHG bedarfsmindernd angerechnet werden. Bei dem Mittagessen handele es sich aber nicht um Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Es sei vielmehr integraler Bestandteil der nach § 40 BSHG gewährten Eingliederungshilfe und ein Teil der Vergütung, welche die Werkstatt von dem zuständigen Rehabilitationsträger erhalte. Es handele sich somit um eine Sozialleistung, die nach § 77 BSHG nicht angerechnet werden dürfe.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25.05.2004 ergangenem, am 28.05.2004 ausgefertigtem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis B-Stadt wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der vom Kläger innerhalb der Widerspruchsfrist zunächst nur telefonisch erhobene Widerspruch wäre grundsätzlich als verfristet und damit unzulässig zurückzuweisen. Da aber davon auszugehen sei, dass der Beklagte auf das Erfordernis eines schriftlichen Widerspruchs nicht erneut hingewiesen habe bzw. selbst von der Wirksamkeit der telefonischen Widerspruchseinlegung ausgegangen sei, werde der Widerspruch Treu und Glauben entsprechend als zulässig angesehen. Der Widerspruch sei jedoch nicht begründet. Nach § 3 Abs. 2 GSiG fänden für den Einsatz von Einkommen und Vermögen die §§ 76 bis 88 BSHG entsprechende Anwendung. Nach § 76 BSHG gehörten zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Einkünfte in Geldeswert seien insbesondere Sachbezüge, also Dienst- und Naturalleistungen. Nach Nr. 76.03.6 der Sozialhilferichtlinien sei ein Sachbezug mit dem dafür im Regelsatz vorgesehenen Anteil anzusetzen. Da für das Mittagessen im Regelsatz ein Anteil von 20 % enthalten sei, habe im Fall des Klägers ein entsprechender Betrag als geldwertes Einkommen berücksichtigt werden müssen. Nach § 77 BSHG würden Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften mit einer ausdrücklichen Zweckbestimmung als Einkommen nur insoweit berücksichtigt, als die Sozialhilfe und dementsprechend die Grundsicherung im Einzelfall demselben Zweck diene. Das wegen der Zuschüsse des überörtlichen Sozialhilfeträgers kostenfreie Mittagessen diene aber demselben Zweck wie die Grundsicherung, nämlich der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts.
Mit am 28.06.2004 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren im Wesentlichen aus den im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen weiterverfolgt.
Ergänzend trägt er vor, die Sachbezugsverordnung dürfe entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung keine Anwendung finden, da das in der Behindertenwerkstatt ausgegebene kostenfreie Mittagessen Bestandteil der Rehabilitationsleistung nach § 4...