Entscheidungsstichwort (Thema)
Sportwettenmonopol im Saarland: Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität. Aussetzung des Verfahrens. Vorlage an den EuGH
Leitsatz (amtlich)
1. Das im Glücksspielstaatsvertrag verankerte staatliche Sportwettenmonopol und dessen Ausgestaltung im Saarland verstoßen weder gegen europäisches Gemeinschaftsrecht noch gegen nationales Verfassungsrecht.
2. Das Verbot der Internetwetten gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV ist verfassungsgemäß und europarechtskonform.
Normenkette
EGV Art. 49, 82 S. 1; EG Art. 9 der Richtlinie 2006/123; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12; StGB § 284; VwGO §§ 75, 78 Abs. 1 Nr. 2, § 94; AGVwGO Saarland § 19 Abs. 2; GlüStV §§ 1-3, 4 Abs. 1, 4, §§ 5-6, 7 Abs. 2, §§ 8, 9 Abs. 6, §§ 10, 21, 25 Abs. 1, 6; AGGlüStV-Saar § 3 Abs. 1, §§ 4, 6-7, 9-10, 14, 16, 18; Sportwettgesetz § 1; Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland § 5 Abs. 4
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine gibraltarische Limited, die von der Rechtsform mit einer deutschen GmbH vergleichbar ist. Sie besitzt eine am 14.10.2008 ausgestellte, bis zum 30. Juni 2009 gültige Lizenz zur Veranstaltung von Online-Glücksspielen in A…-Stadt. Sie beabsichtigt ihre in A…-Stadt organisierten Sportwetten auch im Saarland anzubieten. Die Wetten sollen ausschließlich über Internet angeboten werden.
Am 10.02.2006 beantragte sie beim Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport die Feststellung, dass sie mit ihrer gibraltarischen Genehmigung berechtigt ist, im Saarland Online-Sportwetten zu veranstalten. Hilfsweise beantragte sie die Erteilung einer Genehmigung zur Veranstaltung von Online-Sportwetten für das Saarland und weiter hilfsweise, dass der Geschäftsbetrieb bis zur endgültigen Entscheidung über eine entsprechende Genehmigung in einem einzurichtenden Genehmigungsverfahren geduldet werde. Zur Begründung trug sie vor, dass nach den Regeln des EG-Vertrages, die gegenüber entgegenstehenden nationalen Regeln vorrangig anzuwenden seien, die Veranstaltung von Online-Sportwetten im Saarland zulässig sein müsse, wenn der Veranstalter eine entsprechende EG-ausländische Genehmigung besitze. Ihrem Begehren könne nicht entgegengehalten werden, dass gemäß § 1 des Sportwettgesetzes vom 08.06.1951 das Alleinrecht zur Veranstaltung von Glücksspielen dem Staate vorbehalten sei, weil diese Regelung unanwendbar sei. Sie verletze die in Art. 49 EGV geregelte Dienstleistungsfreiheit. Des Weiteren liege in der Monopolisierung von Sportwetten ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Art. 82 Satz 1 EGV. Auf nationaler Ebene verletze die Monopolisierung von Sportwetten das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG. Zwar gelte diese Regelung in ihrem Fall nicht direkt, da sie eine ausländische juristische Person sei. Allerdings biete Art. 2 GG vergleichbaren Schutz.
Unter dem 24.02.2006 teilte das Ministerium für Inneres, Familie, Frauen und Sport der Klägerin mit, dass nach § 5 Abs. 4 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 01. Juli 2004 die Veranstaltung von Sportwetten durch Private ausgeschlossen sei. An dieser Rechtslage ändere auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 06. November 2003 nichts. Das Staatsmonopol für die Veranstaltung von Sportwetten diene der Fernhaltung gewerblicher Glücksspielangebote und damit gewichtigen Gemeinzielen. Es gehe nicht darum, aus fiskalischen Gründen die Einnahmen des Staates zu erhöhen.
Dieses Schreiben beinhaltete keine Rechtsmittelbelehrung.
Am 22.03.2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung in der Sache bezieht sie sich zunächst auf die Gründe aus ihrem Antragsschriftsatz. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung vom 28.03.2006 die Verfassungswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols festgestellt. Die vom Bundesverfassungsgericht für eine Übergangszeit weiterhin zugelassene Anwendung der verfassungswidrigen Regeln sei für die Europarechtslage ohne Bedeutung. Das Europarecht kenne vergleichbare Übergangsregelungen nicht. Da das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich von einer Parallelität der Voraussetzungen der grundgesetzlichen Anforderungen mit denen des EG-Vertrages ausgehe, stehe fest, dass neben dem Verfassungsverstoß auch ein Europarechtsverstoß vorliege. Im Übrigen zeigten verschiedene Indizien, dass der staatliche Sportwettenanbieter auch nach Ergehen des Bundesverfassungsgerichtsurteils nicht die Absicht hege, seine in Wirklichkeit fiskalischen Interessen in den Hintergrund zu stellen. Hinsichtlich der europarechtlichen Lage sei auch auf die Haltung der EG-Kommission hinzuweisen, d...