Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermutung einer so genannten “Versorgungsehe” bei Eheschließung nach Bekanntwerden einer Krebserkrankung
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines Unterhaltsbeitrages für nicht witwengeldberechtigte Witwen und frühere Ehefrauen nach § 22 BeamtVG.
Die am … 1949 geborene Klägerin ist die Witwe des am … 1936 geborenen und am 27.07.2009 verstorbenen Herrn H… A…, der als Beamter der Besoldungsgruppe A 13 (Schulrektor) mit Ablauf des 31.07.2000 auf Antrag nach Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt wurde. Die Ehe wurde am 12.12.2008 geschlossen. Ausweislich eines Berichts der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum des Saarlandes vom 20.04.2009 litt der Ehemann der Klägerin, der sich am 01.04.2009 in der genannten Klinik zur strahlentherapeutischen Nachsorgeuntersuchung vorgestellt hatte, an den Folgen eines Prostatakarzinoms mit Knochen- und Lungenmetastasen bei massivem Progress der mediastinalen Lymphknotenmetastasierung sowie der pulmonalen Metastasierung. Bereits am 10.11.2005 waren eine radikale Prostatovesikulektomie und eine pelvine Lymphadenektomie beidseits durchgeführt worden. Der histologische Befund vom 10.11.2005 hatte ein gering differenziertes kribriformes und solid wachsendes Prostatakarzinom mit ausgedehntem extraprostatischem Wachstum sowie ausgedehnte Lymph- und Hämangiosis carcinomatosa ergeben.
Bereits mit Schreiben vom 03.03.2008 erkundigte sich der Ehemann der Klägerin unter Hinweis darauf, dass er seit drei Jahren Witwer sei und wieder ans Heiraten denke, danach, welche Versorgung seine Frau erhalten würde, wenn er stürbe. Das Schreiben lautet wörtlich wie folgt:
“Hiermit wende ich mich an Sie mit der Bitte um eine Auskunft, die ich hoffentlich nur dieses eine Mal im Leben benötige.
Ich war 42 Jahre ununterbrochen im Schuldienst, bin seit dem Jahr 2000 im Ruhestand, seit drei Jahren Witwer – und denke durchaus wieder ans Heiraten.
Da man aber nicht mehr so jung ist, ergeben sich da wohl einige Fragen, die ich mir als Nicht-Jurist nicht sicher beantworten kann. Bitte helfen Sie mir.
Gehen wir von Folgendem aus: Meine ‘Auserwählte’ ist 58 Jahre alt, ich selber zähle 71 Jahre, Beide sind gesund. Ich betreibe bis heute (Rad-) Leistungssport und dirigiere einige Chöre; will damit sagen, dass ich noch nicht an das Ende denke; will damit auch sagen, dass es sich auf gar keinen Fall um eine so genannte Versorgungsehe handeln würde (den Ausdruck habe ich einige Male gelesen).
Fragen:
– Welche Versorgung erhielte meine Frau, wenn ich stürbe im 1.,2.,3. Jahr nach meinem Tode?
– Maximalversorgung? Wann? Wieviel?
– Käme ich wieder in Steuerklasse 3?
– Gibt es noch sonstige Klippen?
Für eine baldige, auf meinen persönlichen Fall bezogene Antwort per Brief, Fax oder eMail bedanke ich mich sehr herzlich.”
Die Klägerin selbst wurde mit Schreiben des Beklagten vom 20.08.2009 über die Möglichkeit einer Gewährung von Versorgungsbezügen nach § 19 BeamtVG in Verbindung mit § 22 BeamtVG aufgeklärt, wobei sie ausdrücklich auf die widerlegbare gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe mit dem damit verbundenen Leistungsausschluss hingewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 08.09.2009 beantragte die Klägerin die Bewilligung entsprechender Versorgungsbezüge. Zur Begründung trug sie vor, die Lebensgemeinschaft zwischen ihr und ihrem verstorbenen Ehemann habe nachweislich bereits in einer Zeit völliger Gesundheit begonnen. Die Lebensgemeinschaft habe auf einer häuslichen Gemeinschaft basiert. Aufgrund ideeller und emotionaler Wertvorstellungen habe ihr nach Kenntniserlangung von der Krankheit ihres Ehemannes eine Trennung fern gelegen. Im Gegenteil habe für beide die Hoffnung auf Genesung und Besserung der Lebenserwartung im Vordergrund gestanden. Nach Heirat und Operation habe sich der Gesundheitszustand ihres verstorbenen Ehemannes zunächst auch kontinuierlich verbessert, was sich aus dem Klinikbericht vom 20.04.2009 ergebe. Grund für ihre Heiratsabsicht sei ausschließlich der Wunsch gewesen, die bestehende Lebensgemeinschaft zu legitimieren und ihrem damaligen Lebensabschnittsgefährten auch in Tagen der Krankheit zur Seite zu stehen, um ihm die letzte Zeit seines Lebens zu erleichtern. Die Ehe wäre bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt geschlossen worden, wenn nicht familiäre Hinderungsgründe aus der Welt hätten geschafft werden müssen. Im Hinblick darauf habe ihr verstorbener Ehemann bereits vor der Eheschließung am 16.09.2008 ein Testament errichtet, welches zum Inhalt gehabt habe, dass das Im...