Entscheidungsstichwort (Thema)

Beihilfe. zahnärztliche Implantatversorgung. Vereinbarkeit beihilferechtlich geregelter Indikationen mit höherrangigem Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob § 9 Abs. 5 BhVO (F. Juli 2007), der eine Beihilfegewährung für eine zahnärztliche Implantatversorgung vom Vorliegen bestimmter Indikationen abhängig macht, mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5; VwGO § 58 Abs. 2 S. 1, § 92 Abs. 3; BBG § 79; SBG §§ 67, 98; SVwVfG § 48 Abs. 2 S. 2, Abs. 4; BhVO § 9 Abs. 5, § 17 Abs. 3; BhV § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; Nr. 4 der Anlage 2 zu BhV § 6 Abs. 1

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die Klage gegen den Teilaufhebungs- und den Rückforderungsbescheid vom 16.04.2009 (Rückforderung von 891,49 Euro) gerichtet hat.

Im Übrigen wird die (noch aufrecht erhaltene) Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte zu drei Fünfteln und der Kläger zu zwei Fünfteln zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe seiner aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der am … 1946 geborene, als Ruhestandsbeamter mit einem Bemessungssatz von 70 vom Hundert beihilfeberechtigte Kläger begehrt Beihilfe zu den Aufwendungen einer zahnärztlichen Implantatversorgung.

Eine entsprechende Rechnung seines Zahnarztes vom 25.10.2007 über einen Gesamtbetrag von 2.067,32 Euro reichte der Kläger mit Beihilfeantrag vom 08.11.2007 beim Beklagten ein. Der Rechnungsbetrag setzt sich zusammen aus dem Honorar in Höhe von 1.304,37 Euro und den in Höhe von 762,95 Euro abgerechneten Verbrauchsmaterialien. Implantate wurden laut Rechnung eingebracht in der Region 25 und der Region 27. Ausweislich eines zahnärztlichen Befundes vom 09.10.2006 (richtig 2007?) waren die Zähne 21 bis 28 im Oberkiefer des Klägers mit Ausnahme des Zahns 26 noch vorhanden; der Zahn 27 ist als zu extrahierender Zahn gekennzeichnet.

Mit Beihilfebescheid vom 05.12.2007 wurde vom Beklagten hinsichtlich der Zahnarztrechnung lediglich ein Betrag von 1.304,37 Euro als beihilfefähige Aufwendung anerkannt. Zur Begründung ist der Bescheid mit dem Hinweis versehen, Aufwendungen für implantologische Leistungen nach Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte – GOZ – seien nur beihilfefähig bei Einzelzahnlücken, wenn beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig seien, bei Freiendlücken, wenn mindestens die Zähne 7 und 8 fehlten, oder im Falle der Fixierung von Totalprothesen. Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate seien nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig. Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate seien von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen (§ 9 Abs. 5 BhVO). Da beim Kläger keine der genannten Indikationen vorliege “bzw. Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate abgerechnet” worden seien, könne keine Beihilfe gewährt werden. Die dem Kläger auf die Rechnung gleichwohl gewährte Beihilfe betrug ausgehend von dem in Höhe von 1.304,37 Euro als beihilfefähig anerkannten Betrag 913,06 Euro (70 vom Hundert).

Zur Begründung seines gegen den Beihilfebescheid erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, die nicht anerkannten Beträge stimmten nicht mit der Begründung des Bescheides überein. Es falle vielmehr auf, dass der nicht berücksichtigte Rechnungsbetrag von 762,95 Euro deckungsgleich mit den Kosten der ausgewiesenen Verbrauchsmaterialien sei. Außerdem bestehe bei ihm eine der beihilferechtlichen Indikationen für die eingebrachten Implantate, weil nach Auskunft seiner Zahnärztin eine Freiendlücke vorgelegen habe.

In einer Stellungnahme der Zahnärztin des Klägers vom 02.07.2007 heißt es hierzu, beim Kläger habe eine “Freiendsituation” mit den fehlenden Zähnen 25, 26 und 27 vorgelegen. Wenn die Versorgung mit Implantaten die sinnvollste Maßnahme darstelle, seien die Kosten hierfür zu erstatten. Es seien daher am 09.10.2007 in den Regionen 25 und 27 zwei Implantate eingesetzt worden. Eine telefonische Rücksprache mit der Zahnärztin vom 05.12.2007 ergab nach einem entsprechenden handschriftlichen Vermerk des Beklagten, dass der Zahn 28 des Klägers dem oben erwähnten zahnärztlichen Befund vom 09.10.2006 (2007?) entsprechend vorhanden war.

Mit Schreiben vom 11.03.2008 teilte der Beklagte dem Kläger im Wege einer Anhörung mit, dass beabsichtigt sei, den Beihilfebescheid vom 05.12.2007 hinsichtlich der zu der Zahnarztrechnung vom 25.10.2007 bewilligten Beihilfe zurückzunehmen und den Beihilfebetrag von 891,49 Euro zurückzufordern. Mit weiterem Schreiben vom 05.06.2008 erläu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge