Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme der Bestattungskosten durch das Sozialamt nach § 15 BSHG. Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
Tenor
Die Antragsgegnerin wird einstweilen verpflichtet, vorläufig darlehensweise die erforderlichen Kosten der Bestattung des Ehemannes der Antragstellerin zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
Der Antrag auf einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Kosten der Bestattung des verstorbenen Ehemannes der Antragstellerin vorläufig zu übernehmen, ist gem. § 123 VwGO zulässig. Er ist auch begründet. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch (1.) als auch einen Anordnungsgrund (2.) glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 15 BSHG. Nach dieser Vorschrift sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Nach der im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erfüllt die Antragstellerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die in § 15 BSHG normierten Anspruchsvoraussetzungen.
a) Die Antragstellerin ist „Verpflichtete” im Sinne des § 15 BSHG. Die in dieser Vorschrift angesprochene „Verpflichtung” bezieht sich zwar auf die Tragung der Bestattungskosten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.06.1997, BVerwGE 105, 51; vom 22.02.2001, BVerwGE 114, 57; vom 30.05.2002, BVerwGE 116, 287). Sie kann aber z.B. auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren (BVerwG, Urteil vom 22.02.2001, a.a.O., Seite 58 f.; vom 13.03.2003, FEVS 54, 490; vom 29.01.2004 – 5 C 2.03 –). Eine solche Pflicht besteht für die Antragstellerin.
Nach § 30 Abs. 1 BestattungsG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BestattungsG die Angehörigen sorgen. In Betracht kommen insoweit der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge, § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BestattungsG. Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein, § 37 Abs. 1 BestattungsG. Nach diesen Vorschriften kann kein Zweifel bestehen, dass die Antragstellerin als Ehegattin vorrangig bestattungspflichtig ist. Die genannten bestattungsrechtlichen Vorschriften regeln zwar unmittelbar nur die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht, nicht aber die Kostentragung selbst; sie genügen damit dem ordnungsrechtlichen Zweck, im öffentlichen Interesse die ordnungsgemäße Durchführung der Bestattung zu gewährleisten, ohne damit die Begräbniskostenregelungen nach anderen Vorschriften zu präjudizieren. Daraus folgt jedoch nicht, dass die aus der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht resultierenden Kosten, wie Entgeltansprüche des Bestattungsunternehmers und Friedhofsgebühren, nicht Gegenstand einer übernahmefähigen Kostenverpflichtung im Sinne des § 15 BSHG sein könnten. Soweit die Zuweisung der öffentlich-rechtlichen Verantwortung für die Bestattung bei dem dazu Verpflichteten Kosten auslöst, werden diese ihm durch das Landesrecht zugewiesen und wird der Bestattungspflichtige in Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht zum Verpflichteten, die Bestattungskosten zu tragen. Die öffentlich-rechtlich verursachte Kostenlast beruht folglich auf einem der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund und kann demgemäß an die ordnungsrechtliche Pflicht, den Verstorbenen zu bestatten, anknüpfen, ohne dass es auf eine Erbenstellung ankommt (BVerwG, Urteil vom 22.02.2001, a.a.O.). Insoweit kann es auch nicht darauf ankommen, ob der öffentlich-rechtliche Bestattungspflichtige schon mit der Bezahlung der Bestattungskosten in Vorlage getreten ist, oder ob – wie im vorliegenden Fall unstreitig die im laufenden Sozialhilfebezug stehende Antragstellerin – der Bestattungspflichtige mangels finanzieller Mittel zu einer Vorleistung gar nicht imstande ist. Weder führt eine Vorleistung im Rahmen des § 15 BSHG zu einem anspruchsvernichtenden Bedarfswegfall, noch setzt § 15 BSHG zur Anspruchsbegründung die Vorleistung voraus (zur besonderen, von sozialhilferechtlichen Grundsätzen abweichenden Normstruktur des § 15 BSHG vgl. BVerwG, Urteil vom 05.06.1997, a.a.O.).
Dem Anspruch der Antragstellerin kann beim derzeitigen Erkenntnisstand auch nicht entgegengehalten werden, die Kostenlast treffe sie nicht „rechtlich notwendig”, weil sie etwa realisierbare Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsansprüche gegen Dritte, z.B. Erben oder Unterhaltsverpflichtete, hätte (zur „rechtlichen Notwendigkeit” der Kostenlast vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, a.a.O.). Als Adressat eines solchen Ersatz- oder Ausgleichsanspruchs kommt nach Aktenlage hier allenfalls die Tochter des Verstorbenen, Frau A. M., in Betracht. Es steht indes bislang weder fest, wer Erbe des Ve...