Entscheidungsstichwort (Thema)
Baueinstellung
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks G in der Gemarkung H, das mit einem Wohnhaus und mit einer Garage bebaut ist; wegen der Einzelheiten wird auf die Baugenehmigungen vom 27.02.1996 und vom 19.12.1996 Bezug genommen.
Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks I in der Gemarkung H (Baugrundstück).
Für das Baugrundstück besteht der am 27.05.2004 von der Stadtverordnetenversammlung der Stadt H beschlossene und am 24.06.2004 ortsüblich bekannt gemachte Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB. Er setzt für das Baugrundstück Allgemeines Wohngebiet (WA), offene Bauweise, zwei Vollgeschosse, Grundflächenzahl 0,4, Geschossflächenzahl 0,8 sowie eine Baugrenze für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses „J” mit zwei Wohnungen sowie mit Büro-, Lager- und Ausstellungsflächen für die von der Familie der Beigeladenen betriebene Pietät fest. Im Rahmen der Aufstellung erhob der Antragsteller keine Bedenken gegen diesen Bebauungsplan.
Mit der „Mitteilung baugenehmigungsfreier Vorhaben nach § 56 HBO” vom 21.06.2004 reichte die Beigeladene bei der Stadt H die erforderlichen Bauvorlagen für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Garagen (drei Stellplätze), Carport (zwei Stellplätze) und zwei Stellplätzen mit jeweils einer Wohnung im Erd- und im Dachgeschoss sowie mit einem Werkstattraum (für die Fertigstellung der Särge), einem Vorbereitungsraum (für das Waschen und das Ankleiden der Toten), Lagerräumen und einem Aufbewahrungsraum (Kühlraum für die Aufbewahrung von Toten) und diversen kleinen Nebenräumen (Heizung pp.) für die (seit etwa zwanzig Jahren durch die Familie der Beigeladenen betriebene) Pietät mit einem Betriebspersonal von drei bis vier Personen im Untergeschoss sowie mit einem Ausstellungsraum und einem Büroraum im Obergeschoss ein. Zugleich leitete sie eine Zweitausfertigung an die Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners. Mit den Bauarbeiten sollte Anfang August 2004 begonnen werden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.07.2004 legte der Antragsteller beim Antragsgegner „Einspruch gegen die Erteilung der Baugenehmigung” ein; mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 29.07.2004 beantragte er beim Antragsgegner Akteneinsicht. Am 30.07.2004 fand ein Gespräch des Antragstellers und seines Bevollmächtigten mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners statt, bei dem diese die Sach- und Rechtslage erläuterte; zu einem Einschreiten erklärte sie sich nicht bereit.
Mit anwaltlichem Telefax vom 03.08.2004, auf das Bezug genommen wird, hat der Antragsteller um Eilrechtsschutz nachgesucht. Er ist der Auffassung, dass es sich um einen im Allgemeinen Wohngebiet nicht zulässigen nicht nur der Versorgung des Gebiets dienenden und störenden Handwerksbetrieb – es seien „unerträgliche Geruchsbelästigungen” durch Verwesungsgerüche zu befürchten – handelt.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen bezüglich deren vorgenannten Bauvorhaben „J” die Baueinstellung anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt mit Schreiben vom 10.08.2004, auf das Bezug genommen wird,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene äußert sich nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakten des Antragsgegners (vier Hefter) sowie des vorgenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplans samt Aufstellungsunterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Verpflichtung des Antragsgegners, gegenüber der Beigeladenen bezüglich deren Bauvorhaben „J” die Baueinstellung anzuordnen, ist zulässig, aber unbegründet.
Anders als bei den Fällen, in denen der Bauherrschaft eine Baugenehmigung erteilt wurde (vgl. die §§ 54, 57, 58, 64 HBO), kann der Nachbar bei – hier nach § 56 HBO – baugenehmigungsfreien Vorhaben keinen Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 HVwVfG) mit Widerspruch (§ 68 VwGO) und Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) anfechten sowie die verwaltungsgerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (§ 80a Abs. 3 VwGO, § 212a BauGB) und ggfs. als Sicherungsmaßnahme für diese Anordnung die Baueinstellung (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 a.E.) erreichen. Da es in den Fällen der Genehmigungsfreistellung nach § 56 HBO keinen angreifbaren Verwaltungsakt gibt, kann der Nachbar nur bei der Bauaufsichtsbehörde eine Baueinstellung nach § 71 HBO beantragen und bei Erfolglosigkeit die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zum Erlass einer solchen Baueinstellungsanordnung begehren (vgl. Hornmann, Hessische Bauordnung, Kommentar, § 56 Rn. 12...