Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufenthaltserlaubnis
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag wird eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu nachfolgenden Fragen eingeholt:
2.1.
Erfüllt eine türkische Staatsangehörige die Voraussetzungen des Artikels 6 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation, wenn ihr als Absolventin einer deutschen Hochschule aufgrund nationalen Rechts für zwei Jahre eine Aufenthaltsbewilligung und entsprechende Arbeitserlaubnisse zur Vertiefung der erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit bzw. eines fachbezogenen Praktikums erteilt worden sind und sie zunächst für mehr als ein Jahr bei einem Arbeitgeber (Bruttogehalt etwa DM 3.000,–) und im unmittelbaren Anschluß daran mit behördlicher Erlaubnis für etwa 10 Monate bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist und ihr danach ein Arbeitsplatz bei dem Erstarbeitgeber angeboten wird?
2.2.
Kann eine türkische Staatsangehörige, die als Absolventin einer deutschen Hochschule die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß Artikel 7 Absatz 2 des oben genannten Beschlusses erfüllt und die sich demzufolge „auf jedes Stellenangebot bewerben” kann, aufgrunddessen auch die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung verlangen, oder regelt Artikel 7 Absatz 2 des Beschlusses ausschließlich die beschäftigungsrechtliche Stellung der Kinder türkischer Arbeitnehmer, die seit mindestens drei Jahren im Aufnahmeland ordnungsgemäß beschäftigt sind?
Tatbestand
I.
Die am … in der … geborene Klägerin – eine türkische Staatsangehörige – begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Die im April 1980 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Klägerin, deren Vater belegbar mindestens seit dem 4.5.1976 ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet lebt und arbeitet, absolvierte an der Universität Hamburg ein Betriebswirtschaftsstudium, das sie im Jahre 1987 mit der Diplomprüfung für Kaufleute abschloß, um daraufhin ein Promotionsstudium zu beginnen. Die Freie und Hansestadt Hamburg erteilte ihr dazu vom 24.8.1981 an jeweils auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis zum 9.10.1989, jeweils versehen mit der Auflage „nur gültig für Studienzwecke; die Aufenthaltserlaubnis wird ungültig mit Beendigung des Studiums an einer Hochschule im Bundesgebiet”.
Im Oktober 1989 zog die Klägerin nach Hardheim. Antragsgemäß erteilte ihr das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit Bescheiden vom 15.1.1990 und vom 27.06.1990 zunächst bis zum 01.03.1991 befristete Aufenthaltserlaubnisse mit der Auflage „Erwerbstätigkeit nicht gestattet; nur gültig für die Tätigkeit – Hotelprojekt – bei der Firma B., Hardheim”; parallel dazu erhielt die Klägerin entsprechende Arbeitserlaubnisse. Auf ihren weiteren Antrag erhielt sie am 7.2.1991 eine bis zum 1.3.1992 befristete Aufenthaltsbewilligung, mit der ihr unter Hinweis darauf, daß eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung über den 1.3.1992 hinaus nicht mehr möglich sei, zunächst eine weitere Tätigkeit bei der Firma B. (Praktikum) erlaubt wurde. Auf ihren Antrag änderte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis die Auflage in der der Klägerin zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung dahingehend, daß ihr nunmehr „die Tätigkeit als Praktikantin (Marketing-Assistentin) bei der F. GmbH Tauberbischofsheim” erlaubt wurde (Verfügung vom 09.04.1991); entsprechende Arbeitserlaubnisse wurden der Klägerin erteilt. Tatsächlich beschäftigt war die Klägerin seit dem 01.03.1990 bis zum 15.4.1991 bei der Firma B. und vom 15.04.1991 bis zum 18.05.1992 bei der F. GmbH gegen ein Arbeitsentgelt von monatlich jeweils über DM 3.000,– brutto.
Am 24.02.1992 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit bei ihren letzten Arbeitgeber. Diesen Antrag lehnte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit Bescheid vom 27.07.1992 im wesentlichen mit der Begründung ab, dem Antrag stünden arbeitsmarktrechtliche Gesichtspunkte entgegen.
Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.1993 zurück. In den Gründen führte die Behörde aus, daß die Klägerin auch aus Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei (künftig: Beschluß Nr. 1/80, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 1982, 33 f.) kein Aufenthaltsrecht herleiten könne, da ihr eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet gewesen sei, sie als Praktikantin nicht dem regulären Arbeitsmarkt angehört habe und sie schließlich zuletzt auch nicht ordnungsgemäß im Sinn der Norm beschäftigt gewesen sei.
Mit der am 27.04.1993 erhobenen Klage beantragt die Klägerin,
den Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 27.07.1992 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22.04.1993 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
S...