rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstunfähigkeit. Schwäche der geistigen Kräfte. Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Amtsbezeichnung. Ernennung. ADA. Entlassung. Fürsorgepflicht. Versetzung in den Ruhestand. Verhaltensauffälligkeiten. Leitungsfunktion als Schulleiter. Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung gegenüber einem Beamten, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen, verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn es keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer im psychischen Bereich liegenden Erkrankung gibt.
2. Beim Fehlen hinreichend deutlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung ist der Dienstherr befugt, in eigener Verantwortung und ohne die Erhebung eines psychiatrischen Gutachtens zu prüfen, ob ein Beamter wegen seiner Persönlichkeitsstruktur mit Blick auf die Erfüllung seiner amtsgemäßen Dienstgeschäfte so erheblich und dauerhaft von dem Normalbild eines vergleichbaren Beamten abweicht, dass er zu einer ausreichenden Erfüllung seiner Dienstaufgaben auf Dauer nicht mehr in der Lage ist.
3. Zur Frage der Dienstunfähigkeit eines Schulleiters, der nach Einschätzung seines Dienstherrn zwar seine Aufgaben als Lehrer gut erfüllt, für seine Leitungsfunktion aber ungeeignet erscheint.
4. Es gehört zu den Pflichten des Dienstherrn, einen Beamten so einzusetzen, dass zwischen den Anforderungen des Amtes und der Eignung des Inhabers weitgehende Übereinstimmung besteht (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 13.05.1965, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 5).
Normenkette
LBG § 36 Abs. 1, § 53 Abs. 1 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
VG Karlsruhe (Beschluss vom 14.09.2004; Aktenzeichen 2 K 651/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. September 2004 – 2 K 651/04 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO begründete Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Oberschulamts vom 20.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids dieser Behörde vom 05.02.2004, mit dem die Antragstellerin aufgefordert worden ist, ihre Dienstfähigkeit durch eine amtsärztliche Untersuchung überprüfen zu lassen, zu Recht wiederhergestellt. Auch nach Auffassung des beschließenden Senats überwiegt bei der durch § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung das private Interesse der Antragstellerin an einem Aufschub der gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten Untersuchungsanordnung das entgegenstehende öffentliche Vollzugsinteresse. Denn die angefochtene Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung, der nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats wegen des mit ihr verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Beamten und wegen der im Falle der Weigerung möglichen Disziplinarmaßnahmen die Eigenschaft eines Verwaltungsaktes zukommt (vgl. Urteil des Senats vom 15.05.1975 – IV 394/73 –, ZBR 1975, 322 und Beschluss des Senats vom 09.09.1987 – 4 S 1674/87 –, DVBl 1988, 358; ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 21.12.2001, NVwZ-RR 2002, 762 = DÖD 2002, 175; anders BVerwG, Beschluss vom 19.06.2000, BVerwGE 111, 246, hinsichtlich der Besonderheiten bei einem Ruhestandsbeamten), wird bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen und nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die mit der Beschwerde dargelegten Gründe beschränkten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Bestand haben.
Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass die angegriffene Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung nach den Maßstäben des dazu ermächtigenden § 53 Abs. 1 Sätze 1 und 3 LBG zu überprüfen ist. Danach ist der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist (Satz 1). Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten, so ist er verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen (Satz 3). Dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend gilt dies auch dann, wenn die Behörde Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten hat.
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass es für den Erlass einer Anordnung nach § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG regelmäßig ausreicht, wenn hinreichend konkrete tatsächliche Umstände vorliegen, aus denen sich Zw...