Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Verfahren der Mitwirkung. Beginn der Äußerungsfrist. Mitwirkung bei einer Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Im Mitwirkungsverfahren beginnt die nach § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG dem Personalrat zustehende Äußerungsfrist von zehn Arbeitstagen mit der Unterrichtung des Personalrats von der beabsichtigten Maßnahme und der eingehenden, dem Personalrat gegenüber erfolgenden schriftlichen oder mündlichen Erörterung der beabsichtigten Maßnahme.
Normenkette
BPersVG § 72 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 17.10.1990; Aktenzeichen PVS 24/90) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 1990 PVS 24/90 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Bei der Dienststelle des Antragstellers (Arbeitsamt) war unter anderem eine 1960 geborenen Hilfskraft in der Leistungsabteilung mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit als Angestellte der Vergütungsgruppe VII BAT beschäftigt. Diese Angestellte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1989 geborene Kinder.
Der Beteiligte teilte mit Schreiben vom 26.9.1989 (Dienstag) dem Antragsteller die Absicht mit, gegenüber dieser Angestellten eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Es bestehe der dringende Verdacht, daß sie den Straftatbestand des Betrugs erfüllt habe. Sie habe seit der Geburt ihres ersten Kindes bis 1989 für dieses Kind doppelt Kindergeld bezogen, und zwar von der Bundesanstalt für Arbeit als Arbeitgeber und von der Kindergeldkasse des Arbeitsamts. Vom Arbeitgeber habe sie für das Kind monatlich 50 DM bezogen, von der Kindergeldkasse zweimonatlich 100 DM. Ursache hierfür seien zwei von ihr gestellte Kindergeldanträge, die sie unter den Daten des 30.12.1986 und des 9.1.1986 (richtig: 9.1.1987) eingereicht habe. Im zweiten Kindergeldantrag vom 9.1.1987 habe sie wahrheitswidrig angegeben, noch kein Kindergeld beantragt zu haben. Von der Doppelzahlung habe sie weder den Arbeitgeber noch die Kindergeldkasse verständigt. Das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nötige Vertrauen zu ihr sei zerstört. Die Aufrechterhaltung weiterer arbeitsvertraglicher Beziehungen halte er für unzumutbar. Er bitte den Antragsteller, etwaige Bedenken binnen drei Arbeitstagen schriftlich mitzuteilen. Bei fristloser Kündigung sei vorsorglich gleichzeitig die ordentliche Kündigung beabsichtigt. Das Schreiben vom 26.9.1989 wurde dem Vorsitzenden des Antragstellers am 27.9.1989 (Mittwoch) übergeben.
Der Antragsteller befaßte sich in seinen Sitzungen vom 28.9. und 2.10.1989 (Montag) mit der Angelegenheit. In der Sitzung vom 28.9. erörterte der Beteiligte die Angelegenheit mit dem Antragsteller mündlich. Der Antragsteller hörte in der Sitzung ferner die betroffene Angestellte.
Mit Schreiben vom 3.10.1989, abgegeben im Vorzimmer des Beteiligten gegen 14.50 Uhr, antwortete der Antragsteller dahin, der Verdacht sei bereits am Nachmittag des 5.9.1989 aufgekommen. Hiervon sei der Beteiligte am 6.9.1989 in Kenntnis gesetzt worden. Die außerordentliche Kündigung hätte nach § 626 Abs. 2 BGB/§ 54 Abs. 2 MTA bis 20.9.1989 ausgesprochen werden müssen, bzw. die Hauptfürsorgestelle hätte bis dahin um Einwilligung angegangen werden müssen. Hauptfürsorgestelle und Personalrat seien erst mit Schreiben vom 26.9.1989 eingeschaltet worden. Eine außerordentliche Kündigung sei deshalb nicht mehr möglich. Ihr werde widersprochen.
Mit Schreiben vom 12.10.1989, abgegeben im Vorzimmer des Beteiligten gegen 14.25 Uhr, nahm der Antragsteller zu der hilfsweise beabsichtigten ordentlichen Kündigung wie folgt Stellung: Der ordentlichen Kündigung werde widersprochen. Die Angestellte habe sich in ihren Dienstgeschäften keiner Verfehlung schuldig gemacht. Sie erbringe Leistungen, die von der Dienststelle als durchschnittlich beurteilt würden. Beide Arbeitsvertragsparteien träfen Versäumnisse. Die Doppelzahlung beruhe auf dem Zusammentreffen unglücklicher Umstände. Die Antragsformulare seien der Angestellten zugesandt worden. Ein Antrag sei an die Kindergeldkasse fehlgeleitet worden. Die Vergleichsmitteilung sei unterblieben. Die Angestellte habe die Gründe, weshalb sie auf die Doppelzahlung nicht reagiert habe, glaubhaft dargelegt (gleicher Begriff, unterschiedliche Zahlungstermine, unterschiedliche Beträge). Eine Wiederholungsgefahr scheide aus. Der Antragsteller halte eine Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz für möglich.
Der Beteiligte schrieb dem Antragsteller unterm 31.10.1989, er habe den Antragsteller am 27.9.1989 mit Schreiben vom 26.9.1989 von der beabsichtigten Kündigung unterrichtet. Nach § 72 Abs. 2 BPersVG seien Einwendungen binnen zehn Arbeitstagen vorzubringen.
Diese Frist sei am 12.10.1989 abgelaufen gewesen, weshalb die Kündigung als gebilligt gelte. Der Erörterungstermin vom 28.9.1989 sei für den Fristbeginn unerheblich gewesen.
Der Antragsteller vertrat in einem an den Beteiligten gerichteten S...