Entscheidungsstichwort (Thema)

Innenbereich. Ziegenstall. Wohngebiet. Einfügen. Nutzungsuntersagung. Antrag auf Zulassung der Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Stall zur Haltung mehrerer Ziegen fügt sich in eine überwiegend von Wohnnutzung geprägte Umgebung nicht im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB ein.

 

Normenkette

BauGB § 34 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Urteil vom 09.09.1997; Aktenzeichen 6 K 4976/96)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. September 1997 – 6 K 4976/96 – wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag ist unbegründet. An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstosses gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht liegt nicht vor.

Nach Ansicht des Klägers geht das Verwaltungsgericht hinsichtlich der von der Beklagten ausgesprochenen Nutzungsuntersagung von einem falschen Sachverhalt aus, da sich der umstrittene Stall nicht in der – auf ein Baugesuch von 1891 errichteten – Remise befinde, sondern in einem an dieses nunmehr als Garage genutzte Gebäude angebauten Schuppen, der auf keinem Bauplan eingezeichnet sei. Dem Verwaltungsgericht mag insoweit tatsächlich ein Irrtum unterlaufen sein. Seine Ausführungen zu dem früheren, genehmigten Nutzungszweck der Remise deuten darauf hin, daß es von der Vorstellung ausgegangen ist, der umstrittene Stall befinde sich in der ehemaligen Remise. Die Aktenlage spricht jedoch dafür, daß der Kläger nicht dieses Gebäude selbst, sondern einen an die Remise angebauten Schuppen zur Unterbringung seiner Ziegen nutzt (vgl. den bei den Akten der Antragsgegnerin befindlichen Vermerk vom 19.3.1996, in dem von einem an die gesamte Breite der bestehenden Garage angebauten Holzgebäude die Rede ist). Auf die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin untersagten Nutzung ist dieser etwaige Irrtum des Verwaltungsgerichts jedoch ohne Bedeutung. Soweit der Kläger behauptet, der Schuppen habe einen Rauminhalt von weniger als 20 cbm und sei daher genehmigungsfrei, setzt er sich im Widerspruch zu seiner eigenen Darstellung in der Klageschrift. In dieser heißt es, daß der Kläger das ebenerdige Geschoß des 1910 errichteten, zweistöckigen Holzschuppens als Schaf- bzw. Ziegenstall ausgebaut habe. Die Grundfläche des ebenerdigen Geschosses wird mit weniger als 20 qm angegeben. Unter Zugrundelegung dieser Angaben ergibt sich für das gesamte Gebäude ein Rauminhalt, der jedenfalls weit über 20 cbm liegt.

Bei der Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Ziegenhaltung des Klägers ist das Verwaltungsgericht von § 34 Abs. 1 BauGB ausgegangen, da die Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks keinen der Baugebiete der BauNVO eindeutig zugeordnet werden könne. Das ist nach der bei den Akten der Beklagten befindlichen Auflistung über die Art der baulichen Nutzung in der vorhandenen Umgebung, deren Richtigkeit der Kläger nicht bestritten hat, zweifellos zutreffend. Einwendungen hiergegen werden von dem Kläger auch nur insoweit erhoben, als er meint, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob die nähere Umgebung als besonderes Wohngebiet einzuordnen sei. Der Kläger übersieht damit den besonderen Charakter, den ein solches Gebiet besitzt, und die daraus folgende Unmöglichkeit, ein nicht überplantes Gebiet als besonderes Wohngebiet einzustufen. Unter einem besonderen Wohngebiet versteht die BauNVO (vgl. § 4 a Abs. 1) ein überwiegend bebautes Gebiet, das aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweist und in dem unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Wesentliches Merkmal eines solchen Gebiets sind daher die in die Zukunft gerichteten planerischen Absichten der Gemeinde, zu deren Niederlegung und Konkretisierung es eines entsprechenden Bebauungsplans bedarf. Eine Anwendung des § 4 a BauNVO über § 34 Abs. 2 BauGB scheidet im Hinblick hierauf aus (BVerwG, Beschl. v. 11.12.1992 – 4 B 209.92 – DÖV 1993, 621 = PBauE § 4 a BauNVO Nr. 1).

Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist die beanstandete Tierhaltung nicht zulässig, weil sie sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, daß sich das Vorhaben des Klägers nicht innerhalb des aus der vorhandenen Bebauung und ihrer Nutzung ableitbaren Rahmens halte und es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen begründe. Auch dagegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

Nach der bereits erwähnten Auflistung in den Akten der Beklagten wird die vorhandenen Bebauung in erster Linie durch Wohngebäude geprägt und ist damit einem allgemeinen Wohngebiet stark angenähert...

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