Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretung. Mitbestimmung. Einrichtung von Bildschirmarbeitsplätzen in der wissenschaftlichen Forschung. Mitbestimmung bei der Aufstellung von Bildschirmgeräten
Leitsatz (amtlich)
1. Der erste Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 1 Nr. 9 LPVG (Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung) setzt voraus, daß die Maßnahme auf eine Hebung der Arbeitsleistung von Beschäftigten angelegt ist. Daran fehlt es, wenn in einem Universitätsinstitut für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung bildschirmbestückte Kleinrechner und ein Terminal zur Universitätsgroßrechenanlage aufgestellt werden.
2. Der zweite Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 1 Nr. 9 LPVG (Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs) setzt voraus, daß die Erleichterung eine ständig wiederkehrende Abfolge von Arbeitsgängen betrifft. Daran fehlt es, wenn wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Erfüllung ihrer wissenschaftlichen Aufgaben elektronische Rechner einsetzen.
3. Der Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 1 Nr. 10 LPVG (Einführung grundsätzlich neuer Arbeitsmethoden) bezieht sich auf die Art und Weise, in welcher die Beschäftigten am Arbeitsablauf beteiligt sind. Er betrifft nicht das Arbeitsverfahren.
4. Der Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 3 Nr. 12 LPVG (Gestaltung der Arbeitsplätze) betrifft Arbeitsplätze im räumlichen Sinn. Er greift auch bei der Einrichtung neuer Arbeitsplätze ein, wenn dabei Maßnahmen und Entscheidungen zur Gestaltung der Licht-, Temperatur-, Sitz- und sonstigen räumlichen Verhältnisse zu treffen sind, die für die Belastung der Beschäftigten einiges Gewicht haben. Dies ist bei der Einrichtung neuer Arbeitsplätze mit Bildschirmgeräten für digitale Daten- (oder Text-)Verarbeitung der Fall.
5. Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen der wissenschaftlichen Mitarbeiter an Hochschulen besteht auch dann, wenn auf denselben Arbeitsplätzen Professoren und Hochschulassistenten arbeiten, für die gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 LPVG dieses Gesetz nicht gilt.
Normenkette
LPVG § 79 Abs. 1 Nrn. 9-10, Abs. 3 Nr. 12, § 94 Abs. 1 Nr. 1; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 16, § 76 Abs. 2 Nrn. 5, 7, § 78 Abs. 5
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 10.03.1982; Aktenzeichen PVS 4/82) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. März 1982 – PVS 4/82 – geändert, soweit dem Antrag des Antragstellers entsprochen worden ist. Es wird festgestellt, daß der Beteiligte bei der Einrichtung von drei Bildschirmarbeitsplätzen am … das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 79 Abs. 3 Nr. 12 des Landespersonalvertretungsgesetzes (Gestaltung der Arbeitsplätze) verletzt hat. Im übrigen werden der Antrag abgewiesen und die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Bei der … werden in der Verwaltung und in der wissenschaftlichen Forschung zunehmend Bildschirmgeräte eingesetzt. Unter anderen wurden 1980 und 1981 beim … der … in … in zwei Räumen des Untergeschosses drei derartige Geräte aufgestellt. Es handelt sich dabei um einen Kleinrechner m 70 mit einem getrennten Bildschirm als Ausgabegerät, um einen Kleinrechner pdp mit Bilschirmkonsole (Tastatur und Bildschirm bilden – getrennt vom Rechner – eine Einheit) und um ein im April 1980 aufgestelltes bildschirmbestücktes Terminal zum …. Diese Geräte werden ihrer Bestimmung entsprechend bei der wissenschaftlichen Forschung von allen am Institut wissenschaftlich Tätigen wechselnd und in unterschiedlicher Dauer in Ergänzung zu nicht bildschirmgebundenen Tätigkeiten benutzt, wie es diese Tätigkeiten gerade ergeben. Sind Mitarbeiter intensiv mit numerischen Problemen befaßt, übersteigt ihre durchschnittliche tägliche Benutzungsdauer zwei bis drei Stunden nicht. Nur in Einzelfällen können an einzelnen Tagen bei einzelnen Mitarbeitern höhere Benutzungszeiten anfallen. Zu den Benutzern gehören neben den Professoren und Hochschulassistenten die Akademischen Räte und die wissenschaftlichen Angestellten des Instituts, in geringem Umfang auch wissenschaftliche Hilfskräfte. Eine Zuteilung der Geräte an die einzelnen Beschäftigten erfolgt nicht. Alle Benutzer haben im Institutsgebäude eigene Dienstzimmer. Sie halten sich nur im Rahmen der Benutzung der Geräte in einem der beiden Rechnerräume auf.
Die Aufstellung der Geräte bewirkte eine Umstellung. Bis 1978 konnten entsprechende Aufgaben dem Großrechner ausschließlich mittels Lochkarten eingegeben werden. Die Lochkarten wurden von den Benutzern hergestellt, während die Bedienung des Großrechners von Operateuren vorgenommen wurde. Institutsangehörige brachten die Lochkarten zum Großrechnergebäude und holten dort die Ergebnisse ab (Weg jeweils 12 Minuten). Im Zusammenhang mit der Umstellung auf bildschirmbestückte Terminals, die ohne Lochkarten arbeiten, konnte dann zunächst ab 1978 ein solches Terminal im Rechenzentrum benutzt werden. Hierfür mußten in jedem Einzelfall Rechenzeiten zugeteilt werden. Diese Aufgaben werden seit 1980...