Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Schwerbehinderte. außerordentliche Kündigung des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten. Ersetzung der Zustimmung des Personalrats zur außerordentlichen Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die außerordentliche Kündigung des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten bedarf nach § 26 Abs. 3 SchwbG der Zustimmung des Personalrats. Diese kann nach § 47 Abs. 1 BPersVG verwaltungsgerichtlich ersetzt werden.

2. Bei der außerordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten wird die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB verdrängt durch die zweiwöchige Frist des § 21 Abs. 2 SchwbG zur Stellung des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung bei der Hauptfürsorgestelle mit der Maßgabe des § 21 Abs. 5 SchwbG, wonach die Kündigung unverzüglich nach Erteilung dieser Zustimmung auszusprechen ist.

3. Zum Beginn der zweiwöchigen Antragsfrist des § 21 Abs. 2 SchwbG, wenn im Falle des § 92 Nr. 1 BPersVG nach der Beschäftigungsdienststelle auch die personalbearbeitende Dienststelle eine Anhörung des zu Kündigenden für erforderlich halt.

4. Es liegt im Rahmen der Unverzüglichkeit einer außerordentlichen Kündigung des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten, wenn unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle beim Personalrat das Zustimmungsverfahren eingeleitet worden ist und wenn unverzüglich nach Nichterteilung dieser Zustimmung das verwaltungsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet worden ist.

5. Einzelfall der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit einem Angestellten, wenn dessen Fehlverhalten die Vornahme von Privattätigkeiten anderer während der Arbeitszeit betrifft, wobei der Vorgesetzte davon Kenntnis hatte (Reinigung der Dienststelle für eine hierfür beauftragte Firma).

 

Normenkette

BPersVG § 47 Abs. 1, § 92 Nr. 1; SchwbG § 21 Abs. 2, 5; SchwbG § 26 Abs. 3; BGB § 626

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 25.01.1989; Aktenzeichen PVS 394/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 25. Januar 1989 – PVS 394/88 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der 1942 geborene Beteiligte zu 2 ist seit 1.7.1978 bei einer in … ansässigen Reservelazarettgruppe des Sanitätsregiments … der Bundeswehr als Materialbuchhalter in der Vergütungsgruppe VIII BAT angestellt. Das Sanitätsregiments hat seinen Sitz in …. Es verfügt in Baden-Württemberg über 35 Reservelazarettgruppen. Der Beteiligte zu 2 ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 %. Er übt beim Sanitätsregiment … das Amt des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten aus. Seit Februar 1987 ist der geschieden. Er hat zwei Kinder. In … verfügt die Reservelazarettgruppe über zwei Büroräume, einen Frühstücksraum, eine Toilette und einen Flur, die zu reinigen sind.

Am Mittwoch, dem 5.10.1988, meldete der seit März 1986 für die Reservelazarettgruppe des Beteiligten zu 2 zuständige Kompaniefeldwebel dem Kommandeur des Sanitätsregiments (Antragsteller) zunächst mündlich und am 7.10.1988 schriftlich Unregelmäßigkeiten beim Reinigungsdienst der Reservelazarettgruppe. Auf diese Meldung hin ließ der Antragsteller am Montag, dem 10.10.1988, Vernehmungen durchführen. Der anzeigende Kompaniefeldwebel gab dabei an, zur Zeit seiner 1985 erfolgten Einweisung als Kompaniefeldwebel der Reservelazarettgruppe hätten die Arbeiter der Reservelazarettgruppe die Räume während der Dienstzeit gereinigt. Im April 1986 habe ihm der Beteiligte zu 2 Rapportzettel für die Reinigungskosten zur Unterschrift vorgelegt und dann erklärt, seine Ehefrau sei pro forma mit der Reinigung der Büroräume beauftragt, die entsprechenden Arbeiten würden jedoch von den Arbeitern durchgeführt. Die Entlohnung komme auf ein Gemeinschaftskonto. Damit würden Betriebsausflüge, Grillfeste sowie andere gemeinsame Veranstaltungen ausgerichtet. Er gab weiter an, die Entlohnung von 100 DM je Monat durch die Reinigungsfirma sei jeweils an den Beteiligten zu 2 gelangt. Nach dem Wechsel der Reinigungsfirma im September 1987 habe für zwei Wochen eine Reinigungskraft tatsächlich gearbeitet (Nachbarin eines Arbeiters), bis auch diese überredet gewesen sei, sich nur fiktiv als Reinigungskraft führen zu lassen. Vier Arbeiter räumten bei den Vernehmungen durch das Sanitätsregiment … vom 10.10.1988 ein, die Büroräume überwiegend selbst gereinigt zu haben. Ein Arbeiter gab an, die Reinigungsarbeiten seien während der Dienstzeit erfolgt, der Beteiligte zu 2 habe überwiegend die Büroräume gereinigt, ein Arbeiter gab an, die Reinigungsarbeiten seien jeweils am Freitag vorgenommen worden, die übrigen zwei Arbeiter, die zum Thema „Reinigung der Büroräume durch die Arbeiter der Reservelazarettgruppe” gehört wurden, wurden zum Zeitpunkt der Reinigungsarbeiten und zur Frage, wer die Reinigungsarbeiten noch vornahm, nicht befragt und machten dazu keine Angaben. Die Arbeiter gaben an, es sei ein Gemeinscha...

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