Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Freistellung zu Schulungsveranstaltung. Freistellung für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung und Kostentragung

 

Leitsatz (amtlich)

Für den ersten oder einzigen Stellvertreter des Vorsitzenden des Personalrats besteht im Sinn von § 47 Abs. 5 LPVG prinzipiell in gleicher Weise wie für den Vorsitzenden selbst ein Bedürfnis nach einer auf das Amt des Personalratsvorsitzenden zugeschnittenen Schulung.

 

Normenkette

LPVG § 47 Abs. 5; BPersVG § 46 Abs. 6

 

Verfahrensgang

VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 06.12.1988; Aktenzeichen 8 K 4/88)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 23.04.1991; Aktenzeichen 6 P 19.89)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Dezember 1988 – 8 K 4/88 – geändert. Es wird festgestellt, daß der beteiligte Dienststellenleiter verpflichtet ist, den Verwaltungsangestellten … zur Teilnahme an der von der Gewerkschaft ÖTV in Donaueschingen-Aufen durchgeführten Schulungsveranstaltung vom 12. bis 14. Oktober 1987 gemäß § 47 Abs. 5 LPVG freizustellen, und daß die dem Verwaltungsangestellten durch die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung entstandenen Kosten zu den notwendigen Kosten im Sinn von § 45 Abs. 1 S. 1 LPVG zählen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der antragstellende Personalrat des Finanzamts O. vertritt 108 Beschäftigte. Er besteht aus 5 Mitgliedern. Sein Vorstand hat zwei Mitglieder.

Im März 1987 wies die Kreisverwaltung Villingen-Schwenningen der Gewerkschaft ÖTV die Betriebs- und Personalräte der Dienststellen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg auf eine dreitägige Schulungsveranstaltung für Betriebs- und Personalräte hin, die von ihr vom 12.10.1987 (Montag) bis 14.10.1987 in Donaueschingen-Aufen durchgeführt werde. Das beigefügte Schulungsprogramm lautete wie folgt:

Montag, den 12. Oktober 1987

Die Sitzung

  • Vorbereitung

Tagesordnung

Termin

Einladung

  • Durchführung
  • Auswertung

Dienstag, den 13. Oktober 1987

Die Verhandlung

  • Vorbereitung

Fakten sammeln

Ziel klären

Gegenargumente überlegen

Strategie festlegen

  • Durchführung
  • Auswertung

Mittwoch, den 14. Oktober 1987

Die Versammlung

  • Vorbereitung

Tagesordnung

Termin

Ort

Einladung

  • Durchführung

Redebeitrag

Leitung

Diskussion führen

  • Auswertung

Der Antragsteller beschloß zunächst, sein Mitglied Frau A.-F. zu der Schulungsveranstaltung zu entsenden. Mit Schreiben vom 7.8.1987 lehnte der weiter beteiligte Vorsteher des Finanzamts O. eine Freistellung dieses Mitglieds und eine Kostenübernahme ab, weil es sich um eine Spezialschulung, nicht um eine Grundschulung handele. Darauf beschloß der Antragsteller am 17.9.1987, den Verwaltungsangestellten S., seit 1981 Mitglied des Antragstellers, zu der Schulungsveranstaltung zu entsenden; der Verwaltungsangestellte S. war seit 1981 auch stellvertretender Vorsitzender des Antragstellers. Unter dem 18.9.1987 beantragte der Antragsteller beim beteiligten Dienststellenleiter diesbezüglich die Freistellung nach § 47 Abs. 5 LPVG und die Kostenübernahme nach § 45 Abs. 1 LPVG; der Verwaltungsangestellte S. werde als stellvertretender Vorsitzender zwangsläufig öfters mit den Aufgaben des Personalratsvorsitzenden betraut; insofern sei seine Teilnahme an der Spezialschulung erforderlich.

Der beteiligte Dienststellenleiter legte die Angelegenheit der Oberfinanzdirektion F. vor, welche am 9.10.1987 fernmündlich mitteilte, das Begehren des Antragstellers sei abzulehnen. Der Verwaltungsangestellte S. nahm an der Schulungsveranstaltung in der vorgesehenen Zeit vom 12. bis 14.10.1987 teil. Er hatte vorsorglich hierfür Urlaub beantragt und erhalten.

Mit Schreiben an den beteiligten Dienststellenleiter vom 19.10.1987 – dem Antragsteller unter dem 22.10.1987 zur Kenntnis gebracht – erteilte die Oberfinanzdirektion die Weisung, die Anträge auf Freistellung des Verwaltungsangestellten S. und Kostenübernahme abzulehnen. Die Schulungsveranstaltung sei nach dem Schulungsprogramm auf Personalratsvorsitzende zugeschnitten. Es seit bereits fraglich, ob die entsprechende Schulung eines stellvertretenden Personalratsvorsitzenden erforderlich sei, solange der Vorsitzende die mit dieser Funktion verbundenen Aufgaben regelmäßig selbst wahrnehme. Jedenfalls hätte der Antragsteller bei der Prüfung der Erforderlichkeit in erster Linie seinen Vorsitzenden, Steueramtmann L., in Betracht ziehen müssen, der bisher an keiner derartigen Schulung teilgenommen habe. Hieran ändere es nichts, daß Steueramtmann L. nach seinem Bekunden nicht an der Schulungsveranstaltung habe teilnehmen wollen, und daß er beabsichtige, den Personalratsvorsitz im kommenden Jahr niederzulegen.

Im Hinblick auf die Weisung der Oberfinanzdirektion lehnte der beteiligte Dienststellenleiter mit Schreiben an den Antragsteller vom 11.11.1987 eine Freistellung des Verwaltungsangestellten S. für die Schulungsveranstaltung ab. Unter dem 14.12.1987 lehnte er gegenüber diesem dessen Antrag auf Reisekostenvergütung ab.

Am 18.5.1988 legte Steueramtmann L. sein Amt als Vorsitzender des...

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