Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsklausel. Rechtsnachfolge. Rechtsschutzbedürfnis. Feststellung der Zulässigkeit der Klauselerteilung. Fortsetzungsfeststellungsklage und allgemeine Leistungsklage einschließlich Unterlassungsklage
Leitsatz (amtlich)
Klagt ein Rechtsanwalt, der einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss gegen seinen (inzwischen verstorbenen) Mandanten erwirkt hatte, nach § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 731 ZPO, um eine Vollstreckungsklausel gegen die Erben seines Mandanten zu erhalten, so fehlt seiner Klage nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Rechtsanwalt grundsätzlich auch nach § 792 ZPO die Erteilung eines Erbscheines beantragen könnte. Denn letzterer Weg erfordert einen nicht nur geringfügigen Aufwand und muss daher nicht vorrangig beschritten werden.
Normenkette
VwGO § 167 Abs. 1; ZPO §§ 727, 731, 792
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Urteil vom 09.05.2001; Aktenzeichen 10 K 4783/99) |
Tenor
Auf die Berufungen der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2001 – 10 K 4783/99 – geändert. Es wird festgestellt, dass die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06. Juni 1997 – 10 K 5195/94 – unter Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zulässig ist.
Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu einem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart, aus dem sie gegen die Beklagten als Erben ihres früheren Mandanten vollstrecken wollen, zulässig ist.
Die Kläger vertraten den Sohn der Beklagten in einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (Az.10 K 5195/94), aus dem eine Honorarforderung gegen den Sohn der Beklagten entstanden ist, die mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 06.06.1997 auf 2.751,02 DM mit 4 % Zinsen seit 17.04.1997 festgesetzt wurde.
Der Sohn der Beklagten verstarb am 04.10.1998. Die Kläger forderten die Beklagten mit Schreiben vom 14.07.1999 auf, die ausstehende Honorarforderung bis spätestens 28.07.1999 zu begleichen. Die Forderung belief sich einschließlich der Kosten der bereits betriebenen Zwangsvollstreckung und der bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Zinsen auf insgesamt 3.478,68 DM.
Am 28.10.1999 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Sie haben vorgetragen, dass die Beklagten gesetzliche Erben des Sohnes seien, da dieser ledig gewesen sei, keine Abkömmlinge habe und keine anderweitige letztwillige Verfügung vorgenommen habe. Die Erbschaft sei auch nicht ausgeschlagen worden. Daher hafteten die Beklagten als Gesamtschuldner für die Forderung gegen den verstorbenen Mandanten. Da die Rechtsnachfolge nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden könne, komme ein Antrag auf Klauselerteilung nach § 727 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht.
Die Kläger haben beantragt, ihnen eine Vollstreckungsklausel zu dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts zur Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten zu erteilen.
Die Beklagten haben keinen Antrag gestellt. Sie haben vorgetragen, für die Nachlassverbindlichkeiten ihres Sohnes müssten sie nicht aufkommen. Weder sei ihnen ein Erbschein erteilt worden, noch seien sie vom Nachlassgericht in Bonn über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft benachrichtigt worden. Im Übrigen hätten sie auch keinen Nachlass erwartet, da ihr Sohn studiert habe und daher von ihnen finanziell unterstützt worden sei.
Mit Urteil vom 09.05.2001 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klagen seien nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 731 ZPO als Feststellungsklagen unzulässig, da den Klägern das erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Es fehle generell, wenn nicht zuvor eine Entscheidung nach § 727 Abs. 1 ZPO eingeholt worden sei. Dass § 731 ZPO als Klagevoraussetzung nur die Unmöglichkeit des nach § 727 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nachweises der Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nenne, stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Denn § 727 Abs. 1 ZPO nenne alternativ zum Urkundsnachweis die Offenkundigkeit der Rechtsnachfolge bei Gericht. Die Frage der Offenkundigkeit sei daher vom Rechtspfleger vorrangig zu prüfen.
Gegen das ihnen am 16.05.2001 zugestellte Urteil haben die Kläger am 12.06.2001 die Zulassung der Berufung beantragt, die mit Beschluss vom 21.05.2002 erfolgt ist. Zur Begründung der Berufung vertiefen die Kläger mit Schriftsatz vom 05.06.2002 (eingegangen am 07.06.2002) ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und ergänzen, dass die Frage der Vorrangigkeit des Verfahrens nach § 727 ZPO offen bleiben könne, da inzwischen ein entsprechender Antrag der Kläger vom Verwaltungsgericht Stuttgart abgelehnt worden sei. Auch könnten sie nicht darauf verwiesen werden, nach § 792 ZPO selbst die...