Rechtskraft: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzesbindung der Besoldung. Familienzuschlag. verheiratete Beamte. Lebenspartnerschaft. Erweiternde Auslegung. Analogie. Tarifvertrag. Tariflücke. Gleichheitssatz. Schutz der Ehe. Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit. Europäisches Gemeinschaftsrecht. verspätete Umsetzung einer Richtlinie. Vorwirkung einer Richtlinie. unmittelbare Anwendung einer Richtlinie. Diskriminierung wegen sexueller Ausrichtung. Aufnahme in die Wohnung. Sonderzuwendung
Leitsatz (amtlich)
1 Ein Beamter, der eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hat, ist nicht „verheiratet” im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BBesG und hat deshalb keinen Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1; diese Vorschrift kann auf ihn auch nicht analog angewendet werden.
2 Die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern bei der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BBesG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, da die alleinige Berücksichtigung von Ehepartnern wegen des durch Art. 6 Abs. 1 GG angeordneten besonderen Schutzes der Ehe auf einer sachlich gerechtfertigten Unterscheidung beruht.
3 Die alleinige Berücksichtigung verheirateter Beamter bei der Gewährung eines Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BBesG verstößt gegenüber Beamten, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben, nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, weil die Richtlinie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen nach der Begründungserwägung Nr. 22 unberührt lässt und weil es im Übrigen im europäischen Gemeinschaftsrecht bisher an einer allgemeinen Gleichstellung der Ehe mit den übrigen Formen gesetzlicher Lebenspartnerschaften fehlt.
4. Die „Aufnahme” einer anderen Person in die Wohnung eines Beamten im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BBesG ist zu verneinen, wenn der Beamte mit der anderen Person nach deren Einzug eine Wohngemeinschaft bildet, für die sich beide die Kosten oder die Haushaltsführungteilen.
Normenkette
EG Art. 141; Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.06.2000; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; BBesG § 2 Abs. 1-2, § 40 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 4; LPartG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Urteil vom 13.01.2003; Aktenzeichen 17 K 3906/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2003 – 17 K 3906/02 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Familienzuschlags wegen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Die Klägerin wurde am 12.09.2000 zur Studienreferendarin ernannt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung am 24.07.2002 war sie bis zum 31.07.2004 als Beamtin im Schuldienst des Beklagten tätig. Im Dezember 1998 hatte sie in ihrer bis dahin alleine bewohnten Wohnung eine Wohngemeinschaft mit Frau H. gebildet. Am 05.11.2001 begründete sie mit Frau H. vor dem Standesamt S. eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Dies teilte sie dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) am 20.12.2001 unter der Rubrik „Eheschließung” schriftlich mit und beantragte zugleich die Gewährung von Familienzuschlag der Stufe 1.
Mit Bescheid vom 21.05.2002 lehnte das LBV die Gewährung von Familienzuschlag an die Klägerin ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Familienzuschlag in den §§ 39 ff. BBesG abschließend geregelt seien und die nach § 2 Abs. 2 BBesG bestehende strenge Gesetzesbindung eine Ausdehnung der Besoldung auf gesetzlich nicht genannte Personengruppen verbiete. Die in einer Lebenspartnerschaft lebenden Beamten seien jedoch als Empfänger des Familienzuschlags im Gesetz nicht genannt.
Den dagegen eingelegten, mit den Vorschriften des § 40 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 BBesG begründeten Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2002 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es ergänzend aus, sowohl der Tatbestand des § 40 Abs. 1 Nr. 1 als auch des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG seien nicht erfüllt. Im Hinblick auf § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG fehle es an der Aufnahme in die Wohnung der Klägerin.
Die Klägerin hat am 28.08.2002 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Bescheid des LBV vom 21.05.2002 und dessen Widerspruchsbescheid vom 26.07.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr den Familienzuschlag der Stufe 1 für die Zeit vom 05.11.2001 bis zum 24.07.2002 zu bezahlen. Zur Begründung hat sie auf die Begründung ihres Widerspruchs Bezug genommen. Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die Begründung der ablehnenden Bescheide entgegengetreten.
Mit Urteil vom 13.01.2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den En...