Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse nach Verpflichtungsklage. berechtigtes Interesse. Erholungsurlaub. Bewilligung für Richter. Mitbestimmung bei Ablehnung. Personalvertretung. Mitbestimmung durch Richterrat
Leitsatz (amtlich)
1. Zum berechtigten Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO am Feststellungsantrag eines Richters, wenn sich sein auf Bewilligung von Erholungsurlaub gerichtetes Verpflichtungsbegehren wegen Ablaufs des Zeitraums, für den der Urlaub begehrt war, erledigt hat.
2. Auch dem Richter wird der Erholungsurlaub erteilt. Der Richter kann sich nicht selbst Urlaub bewilligen.
3. Eine Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einen einzelnen Beschäftigten ist im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes des § 79 Abs. 1 Nr. 4 LPVG auch dann gegeben, wenn dessen Urlaubsantrag wegen der darin genannten zeitlichen Lage abgelehnt wird. Zur Frage, ob die Mitbestimmung aus § 79 Abs. 1 Nr. 4 LPVG voraussetzt, daß die Ablehnung wegen gegenläufiger Urlaubsabsichten anderer im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes beteiligter Beschäftigter erfolgen soll.
4. Die Mitbestimmung aus § 79 Abs. 1 Nr. 4 LPVG besteht auch dann, wenn die Dienststelle einem im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes beteiligten Beschäftigten bereits (ohne Mitbestimmung des Personalrats – Richterrats –) Erholungsurlaub bewilligt hat.
Normenkette
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4; LBG UrlVO § 2; LRiG §§ 8, 20 Nr. 1, § 21; LPVG § 79 Abs. 1 Nr. 4; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 3
Verfahrensgang
VG Karlsruhe (Gerichtsbescheid vom 30.06.1987; Aktenzeichen 11 K 30/87) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 1987 – 11 K 30/87 – geändert. Es wird festgestellt, daß der Bescheid des Präsidenten des Landgerichts … vom 19. März 1987 und der Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. April 1987 rechtswidrig waren, soweit darin Urlaub für die Zeit vom 30. Juni bis 5. Juli 1987 abgelehnt wurde.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß ihm die Bewilligung von Erholungsurlaub zu Unrecht versagt worden ist,
Er ist Richter am Landgericht beim Landgericht … Im Jahre 1987 gehörte er u.a. der Strafkammer I als stellvertretender Vorsitzender und Beisitzer an. Die Kammer war außerdem mit einem Vorsitzenden Richter am Landgericht, einer Richterin am Landgericht und einem Richter (mit der Hälfte der Arbeitskraft) besetzt. Unter dem 20.2.1987 beantragte er beim Präsidenten des Landgerichts die Bewilligung von Erholungsurlaub u.a. für die Zeit vom 30.6. bis 20.7.1987. Zum Antragszeitpunkt war dem Vorsitzenden Richter bereits Erholungsurlaub bewilligt worden für die Zeit vom 29.6. bis 24.7.1987 und der Richterin für die Zeit vom 15.6. bis 10.7.1987. Der Urlaub der Richterin wurde später in ihrem Einverständnis mit dem 5.7.1987 als letztem Urlaubstag vorverlegt. Unter Berücksichtigung von Einwendungen des Vorsitzenden bewilligte der Präsident des Landgerichts durch Bescheid vom 19.3.1987 Erholungsurlaub für die Zeit vom 6. bis 20.7.1987; für die Zeit vom 30.6. bis 5.7.1987 lehnte er ihn ab. Er wies darauf hin, daß für die in dieser Zeit heranstehende Strafkammersitzung, auf deren Abhaltung nicht verzichtet werden könne, ein planmäßiger, der Kammer angehörender Richter als Vorsitzender zur Verfügung stehen müsse. Angesichts der bereits bewilligten Urlaube sei dies nicht der Fall, wenn auch noch der Kläger beurlaubt würde. Mitgliedern der Zivilkammer sei es nicht zuzumuten, den Vorsitz zu führen. Den Widerspruch des Klägers wies der Präsident des Oberlandesgerichts Karlsruhe durch Bescheid vom 2.4.1987 als unbegründet zurück.
Am 24.3. und am 3.4.1987 bestimmte der Vorsitzende der Strafkammer I zwei Hauptverhandlungen auf den 2.7.1987.
Am 13.5.1987 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger Erholungsurlaub auch für die Zeit vom 30.6. bis 5.7.1987 zu bewilligen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Vermöge seiner Unabhängigkeit habe der Richter seinen Erholungsurlaub regelmäßig nur anzuzeigen. In Streitfällen sei das Präsidium zur Entscheidung zuständig. Hiervon abgesehen hätte der Präsident des Landgerichts durch organisatorische Maßnahmen, insbesondere durch Aufstellung eines Urlaubsplanes, für eine rechtzeitige Abstimmung der Urlaubsinteressen der Richter sorgen müssen. Es ginge nicht an, dem Kläger den Urlaub nur deshalb zu versagen, weil andere Richter ihren Urlaubsantrag früher gestellt hätten. Ferner sei hier seine Urlaubsvertretung gewährleistet gewesen, da sich andere Richter hierzu, insbesondere im Hinblick auf die Sitzung vom 2.7.1987, bereiterklärt hätten. Außerdem hätte die Sitzung vom 2.7.1987 auf den 29.6.1987 vorverlegt werden können.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid ...