Entscheidungsstichwort (Thema)

Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht. Abfall. Verwertung. Haushaltsabfall. Bioabfälle. Überlassungspflicht. Anschluß- und Benutzungszwang. Eigenverwertung. Verwertung durch Dritte. Überlassung von Bioabfall

 

Leitsatz (amtlich)

Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen werden von der Pflicht zur Überlassung ihrer Bioabfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nicht frei, wenn sie diese – abgesehen von den Fällen des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG – nicht selbst verwerten, sondern Dritten zur Verwertung überlassen (hier: Überlassung von zusammen mit Pferdemist verrotteten Bioabfällen an einen Landwirt zur Ausbringung auf dessen Böden).

 

Normenkette

KrW-/AbfG §§ 1, 5 Abs. 2-3, § 13 Abs. 1 S. 1; LAbfG § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Urteil vom 06.05.1997; Aktenzeichen 1 K 2076/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. Mai 1997 – 1 K 2076/96 – geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers zur Überlassung von Bioabfall an die beklagte Gemeinde, auf die durch Vereinbarungen mit dem Rhein-Neckar-Kreis u.a. die Entsorgung des in ihrem Gebiet anfallenden Bioabfalls übertragen worden ist.

Mit Schreiben vom 16.12.1993 beantragte der Kläger, der auf gepachteten Gelände einige Pferde hält, bei der Beklagten Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang an die Einrichtungen der öffentlichen Abfallentsorgung hinsichtlich der ab 1994 eingeführten Biomülltonne. Zur Begründung führte er aus, bedingt durch seine Pferdehaltung verfüge er über einen ausreichend großen Misthaufen vor dem Stall, dieser werde alljährlich von einem Landwirt abgeräumt und in dessen Obstanlage als Dünger verwandt. Auf diesem Misthaufen würden alle sonst in die Biotonne gehörenden Abfälle gelagert und verrotteten zusammen mit dem Pferdemist.

Mit Bescheid vom 01.01.1996 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, daß seine biologischen Haushaltsabfälle auf dem eigenen Pferdemisthaufen gelagert und mit dem Pferdemist ein- bis zweimal jährlich abgefahren und auf Äcker verbracht würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.1996 wies das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, die Gemeinde könne kraft Bundesrechts nicht auf die Überlassung von Hausabfällen und somit auch nicht auf die Überlassung von Biomüll verzichten. Dementsprechend habe der Abfallbesitzer ungeachtet seiner individuellen Möglichkeiten zur eigenverantwortlichen Abfallbeseitigung alle Abfälle zu überlassen, soweit – wie vorliegend – bundesrechtliche Ausnahmen nicht zugelassen seien. Ein Befreiungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu.

Der Kläger hat am 28.06.1996 Klage erhoben mit dem Ziel, einerseits die Beklagte zu verpflichten, ihn hinsichtlich des Biomülls für die Zeit vom 01.01.1994 bis zum 06.10.1996 vom Anschluß- und Benutzungszwang an die Einrichtungen der öffentlichen Abfallentsorgung zu befreien und andererseits festzustellen, daß er dem Anschluß- und Benutzungszwang an die Einrichtungen der öffentlichen Abfallentsorgung bezüglich des Biomülls seit 07.10.1996 nicht unterliege. Zur Begründung hat er sich auf sein bisheriges Vorbringen bezogen und ergänzend geltend gemacht: In seiner Nichtbefreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG; in ländlichen Gemeinden könne auf eine Biomüllentsorgung verzichtet werden. Es sei fraglich, ob Biomüll aus diesen Gemeinden überhaupt unter den Abfallbegriff falle, weil sowohl die Lagerung als auch die entsprechende Verwendung als Dünger nach fachgerechter Kompostierung gewährleistet seien.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang. In gleichen oder ähnlichen Fällen habe sie bislang keine Befreiungen erteilt.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 06.05.1997 festgestellt, daß der Kläger ab dem 07.10.1996 dem Anschluß- und Benutzungszwang an die öffentlichen Einrichtungen der Abfallentsorgung der Beklagten nicht mehr unterliege, und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Soweit der Kläger die Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang für die Zeit bis zum 07.10.1996 begehre, sei die Verpflichtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet, da die Beklagte aufgrund der damals geltenden bundesrechtlichen Regelung in § 4 Abs. 4 der Abfallwirtschaftssatzung hinsichtlich einer Befreiung nur das „Wie”, nicht aber das „Ob” einer Überlassungspflicht habe regeln können. Aus möglicherweise rechtswidriger Befreiungspraxis könne der Kläger auch unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG nichts für sich herleiten. Dagegen sei der Feststellungsantrag begründet, da §...

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