Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 653
Wird die Kommanditbeteiligung veräußert und ergibt sich dabei ein Veräußerungsgewinn, so ist dieser als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb zu versteuern, in die einheitliche Gewinnfeststellung der GmbH & Co. KG mit einzubeziehen und unterliegt dem begünstigten Steuersatz (§§ 16, 34 EStG). Zudem wird (einmalig) ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 45.000 EUR gewährt, der sich jedoch um den Betrag ermäßigt, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 EUR übersteigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH umfasst der Begriff des Mitunternehmeranteils i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern – zum Zweck einer möglichst weitgehenden Annäherung der Besteuerung von Einzel- und Mitunternehmern – auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Für einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn ist auch die (quotale) Veräußerung des Sonderbetriebsvermögens notwendig, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält.
Rz. 654
Im Rahmen der Einbringung nach § 24 UmwStG sind neben dem Gesellschaftsanteil auch die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens einzubringen, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Anteils gehören.
Ob Kapitalbeteiligungen des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH als wesentliche Betriebsgrundlagen gelten, wird ausschließlich nach der funktionalen Betrachtungsweise beurteilt. Entscheidend ist die konkrete Funktion dieser Kapitalbeteiligung für den Mitunternehmeranteil.
Die Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH gehört zum Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmerschaft. Hinsichtlich der Vergünstigungen nach §§ 16, 34 EStG ist es entscheidend, ob dieses Sonderbetriebsvermögen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Mitunternehmerschaft zählt. Falls dies zutrifft, gelten die Vorschriften der §§ 16, 34 EStG bei Übertragung des Kommanditanteils und Zurückbehaltung der Anteile an der Komplementär-GmbH nicht.
Ob solche Kapitalbeteiligungen funktional wesentlich sind, muss anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die Beurteilung der funktionalen Wesentlichkeit eines Wirtschaftsguts basiert auf dessen tatsächlicher Verwendung. Dies bedeutet, dass die Kapitalbeteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH nicht automatisch eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils darstellt, nur weil sie notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG ist. Maßgeblich ist die konkrete Funktion dieser Kapitalbeteiligung für den Mitunternehmeranteil. Die Kapitalbeteiligung muss zur unmittelbaren Stärkung oder Begründung der mitunternehmerischen Beteiligung erhebliches bzw. nachhaltiges Gewicht haben.
Die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär GmbH kann seine mitunternehmerische Beteiligung unmittelbar dadurch stärken, dass er über diese Kapitalbeteiligung Einfluss auf die Geschäftsführung in der KG gewinnt und deshalb notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist(z. B. BFH-Urteil vom 21.12.2021 IV R 15/19, BFHE 275, 206, BStBl II 2022, 651, Rz 33). Eine funktionale Wesentlichkeit erfordert, dass die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten seinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG nachhaltig stärkt. Dies setzt voraus, dass diese Kapitalbeteiligung den Kommanditisten in die Lage versetzt, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der KG zu bestimmen.
In jedem Einzelfall muss untersucht werden, ob und inwieweit diese Kapitalbeteiligung Einfluss auf die Geschäftsführung der KG über die Komplementär-GmbH vermittelt. Daher sind auch Regelungen in der Satzung der Komplementär-GmbH und im Gesellschaftsvertrag der KG zu berücksichtigen, soweit diese Einfluss auf die Geschäftsführung in der KG nehmen. Ebenso sind schuldrechtliche Stimmbindungsverträge, die das Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH betreffen, zu berücksichtigen.
Rz. 655
Werden wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens hingegen im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt, ist der Gewinn aus der Anteilsveräußerung nicht tarifprivilegiert, weil nicht die gesamten stillen Reserven des veräußerten Mitunternehmeranteils aufgedeckt wurden.Mit Urteil vom 24.8.2000 hat der IV. Senat des BFH im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats vom 18.10.1999 zu der bis dahin umstrittenen Frage Stellung genommen, ob die vorstehend für den Fall der Übertragung des gesamten Gesellschaftsanteils dargelegten Grundsätze auch dann zum Tragen kommen, wenn der Mitunternehmer nur einen Bruchteil seines Gesellschaftsanteils veräußert. Er hat hierzu entschieden, dass das Tarifprivileg zu versagen ist, wenn der Mitunternehmer lediglich einen Teil seines Gesellschaftsanteils überträgt, das Sonderbetriebsvermögen jedoch zurückbehält. Entsprechendes gilt, wenn der Mitunternehmer einen Bruchtei...