Rz. 778

Eine Tätigkeit ist jedenfalls dann steuerpflichtig, wenn sie als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 2 EStG). Tätigkeiten, die zwar von Gewinnabsicht getragen, aber nicht auf einen Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind, sind davon grundsätzlich nicht erfasst. Es ist daher darauf abzustellen, ob lediglich der Beginn bzw. das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit vorliegt oder ob die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz in den Vordergrund treten. Zusätzlich kann von Bedeutung sein, ob das Verhalten des Steuerpflichtigen dem eines "Wertpapierhändlers" gleicht.[1194] So hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der An- und Verkauf von Wertpapieren grundsätzlich noch nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet, wenn die entfaltete Tätigkeit dem Bild eines "Wertpapierhandelsunternehmens" i. S. d. § 1 Abs. 3d Satz 2 KWG bzw. eines "Finanzunternehmens" i. S. d. § 1 Abs. 3 KWG nicht vergleichbar ist.[1195]

Abwägend ist zu untersuchen, ob die Tätigkeit durch gewerblichkeitstypische Verhaltensweisen geprägt ist, die der Vermögensverwaltung fremd sind. Wertpapiergeschäfte im Allgemeinen, auch wenn sie in größerem Umfang, aber für eigene Rechnung betrieben werden, gehören noch zur privaten Vermögensverwaltung. Dies gilt angesichts des spekulativen Charakters des Wertpapiergeschäfts selbst dann, wenn der Steuerpflichtige mit seinen Wertpapiergeschäften die erklärte Absicht der Erzielung von Kursgewinnen durch alsbaldige Wiederveräußerung verfolgt. Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, wenn der Steuerpflichtige ohne Einsatz eigenen Vermögens, dafür aber mit beruflich erlangten Kenntnissen Kursdifferenzen ausnützt und sich "bankentypisch" verhält. Die Tätigkeit eines (fremden) Vermögensverwalters (Geschäftsbesorgers) indiziert nicht die Gewerblichkeit des Auftraggebers.[1196] Im Zweifelsfall ist den Stiftungen zu raten, Umfang und Grenzen der steuerfreien Vermögensverwaltung rechtzeitig und u. U. laufend mit den Finanzbehörden abzustimmen.

 

Rz. 779

Anders, nämlich steuerschädlich, ist der häufige Vermögensumschlag insbesondere bei Immobilien. Der steuerfreie Bereich wird nach der sogenannten "Drei-Objekt-Grenze" grundsätzlich verlassen, wenn die Stiftung mehr als drei Objekte veräußert und zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Veräußerung ein enger zeitlicher Zusammenhang von i. d. R. fünf Jahren besteht.[1197] Objekte im Sinne dieser Grenze stellen dabei nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen dar, sondern auch (ungeteilte) Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten. Ausschlaggebend hinsichtlich der Indizwirkung für die zahlenmäßigen Voraussetzungen ist in dieser Hinsicht lediglich, dass es sich um selbstständig veräußerbare und nutzbare Objekte handelt.[1198] Diese Grenze hat allerdings nur indizielle Wirkung und kann insbesondere nicht als Freigrenze verstanden werden.[1199] Vielmehr kann im Einzelfall schon der Verkauf nur eines Objektes zur Annahme der Gewerblichkeit führen, wenn bereits der Erwerb in unbedingter Verkaufsabsicht erfolgte. Bei unbebauten Grundstücken wird auch das Hinzutreten einer Tätigkeit, insbesondere die Parzellierung und weitere Entwicklung der Grundstücke, negativ berücksichtigt. Das Gleiche gilt im Falle der Renovierung eines Hauses und Aufteilung in Sondereigentum.[1200]

 

Rz. 780

Grundsätzlich sind Vermögensumschichtungen im Rahmen der Vermögensverwaltung steuerunschädlich. So kann z. B. aus dem Erlös eines Wertpapierdepots eine Immobilie erworben werden oder einer anderen Geldanlage zugeführt werden. Es ist nicht erforderlich, den Veräußerungserlös einschließlich der Gewinne für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, da er nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt.[1201] Dies gilt auch für die bei einer Vermögensumschichtung aufgedeckten stillen Reserven.[1202]

 

Rz. 781

Aufgrund des Gebots der Ausschließlichkeit darf die Vermögensverwaltung nicht auch Satzungszweck sein oder zum Selbstzweck erhoben werden.[1203]

[1194] Brockhoff, in Kötz/Rawert/Schmidt/Walz (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2002, S. 222.
[1195] BFH, Urteil v. 30.7.2003, X R 7/99, DStR 2004 S. 598; vgl. zum gewerblichen Wertpapierhandel auch BFH, Urteil v. 19.8.2009, III R 31/07, BFH/NV 2010 S. 844; Urteil v. 28.11.2007, XR 24/06, BFH/NV 2008 S. 774; Urteil v. 20.12.2000, XR 1/97, BStBl 2001 II S. 706; Urteil v. 19.2.1997, XI R 1/96, BStBl 1997 II S. 399; Urteil v. 6.3.1991, X R 39/88, BStBl 1991 S. 631.
[1197] BFH, Urteil v. 16.9.2009, X R 48/07, BFH/NV 2010 S. 212; Urteil v. 20.4.2006, III R 1/05, BStBl 2007 II S. 375; Urteil v. 1.12.2005, IV R 65/04, BStBl 2006 II S. 259; Beschluss v. 10.12.2001, GrS 1/98, BStBl 2002 II S. 291; Urteil v. 21.6.2001, III R 27/98, BStBl 2002 II S. 537; BMF, Schreiben v. 26. März 2004, Az. IV A 6 – S 22...

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