Leitsatz

  1. Vollstreckung eines Titels gegen einen Teileigentümer auf Beseitigung einer vermieteten Tiefgarage
  2. Der Titelschuldner muss hier Eigentümern in Gläubigerstellung nicht Namen und Anschriften von Tiefgaragenmietern mitteilen
 

Normenkette

§ 45 WEG; §§ 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 ZPO

 

Kommentar

  1. Gläubiger können aus einem Vollstreckungstitel, der den Schuldner zur Beseitigung einer baulichen Anlage (hier: Tiefgarage) verpflichtet, von diesem nicht verlangen, dass er Namen und Anschriften der Personen bekannt gibt, an die er das zu beseitigende Gebäude vermietet hat.

    Dementsprechend kann gegen den sich weigernden Schuldner kein Zwangsmittel nach § 888 Abs. 1 ZPO (Zwangsgeldfestsetzung im Rahmen einer unvertretbaren Handlung) festgesetzt werden.

    Vorliegend gibt es gegen die Mieter keinen Leistungstitel; Zwangsvollstreckung gegen diese wäre nur möglich, wenn sie ihr Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erklärt oder Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen Mieter erwirkt hätten (h.M.). Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Vollstreckung nach § 887 ZPO aus, und es kann nur gegen den Eigentümer/Schuldner nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden.

  2. Was die vom Eigentümer/Schuldner nach Titel vorzunehmende Beseitigungshandlung betrifft, handelt es sich grundsätzlich insoweit um eine vertretbare Handlung, die gemäß § 887 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Hier ist die Gläubigerseite auf Antrag zu ermächtigen, die geschuldete Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen, wenn er seine titulierte Verpflichtung nicht erfüllt. Allerdings wird eine solche geschuldete vertretbare Handlung zu einer unvertretbaren i.S.v. § 888 Abs. 1 ZPO, wenn deren Vornahme die Mitwirkung oder Zustimmung von dritten Personen erfordert und diese dazu nicht bereit sind. Es ist hier allerdings Sache des Schuldners darzulegen, dass und aus welchen Gründen ihm die Vornahme der titulierten Handlung (Abriss des Garagengebäudes) unmöglich ist (Vorgehen nach § 887 Abs. 1 ZPO, verbunden mit entsprechendem Hilfsantrag nach § 888 Abs. 1 ZPO auf Festsetzung von Zwangsgeld wegen Nichtvornahme einer möglicherweise unvertretbaren Handlung). Solange nicht feststeht, dass eine an sich vertretbare Handlung nicht nach § 887 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden kann, ist für die Anwendung des § 888 Abs. 1 ZPO (unvertretbare Handlung) kein Raum.
  3. Der Schuldner muss alle zumutbaren Maßnahmen rechtlicher oder tatsächlicher Art ergreifen, um im Vollstreckungsfall seinerseits Dritte (hier: die Mieter) zur Duldung der geschuldeten Handlung oder Mitwirkung daran zu bewegen. Allerdings ergibt sich eine Verpflichtung des Schuldners, einem Gläubiger die Namen und Anschriften von Personen mitzuteilen, damit diese von dem Gläubiger selbst auf Duldung einer gebotenen Vollstreckungsmaßnahme oder Mitwirkung daran in Anspruch genommen werden können, weder aus dem streitgegenständlichen Vollstreckungstitel noch aus § 888 Abs. 1 ZPO. Ggf. müsste hier vom Gläubiger ein neues Verfahren geführt werden.
Anmerkung

Diese Entscheidung zum Vollstreckungsrecht entspricht sicher der Gesetzeslage, erscheint mir jedoch im Ergebnis sehr formalistisch, umständlich (neue Verfahrensführung!) und praxisfremd. Aus einem Vollstreckungstitel gegen den Eigentümer sollte man durch Auslegung tatsächlich auch die Pflicht des Schuldners ableiten können, dem Gläubiger die notwendigen Informationen zu erteilen, um gegen Mieter als Dritte einen entsprechenden Duldungstitel erwirken zu können. Damit würde man dem Schuldner entsprechende Handlungspflichten gegen seine Mieter "abnehmen", ggf. auch Zwangsgeldfestsetzungen gegen ihn zurückstellen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 27.11.2008, I ZB 46/08

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge