Leitsatz

Faktischer Geschäftsführer einer GmbH ist derjenige, der nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft nachhaltig und maßgeblich durch eigenes Handeln im Außenverhältnis prägt. Eine bloß interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung genügt nicht.

 

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz, weil dieser als faktischer Geschäftsführer einer insolvent gewordenen, konzernangehörigen GmbH für den Kläger nachteilige Geschäfte abgewickelt haben soll. Der Beklagte war im Handelsregister lediglich als Geschäftsführer der Muttergesellschaft eingetragen. Der BGH hob die verurteilende Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das OLG zwecks weiterer Aufklärung zurück.

 

Entscheidung

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Es ist nicht erforderlich, dass der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – über das interne Einwirken auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat[1]. Der faktische Geschäftsführer muss die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans tiefgreifend regeln und sie "in die Hand" nehmen.

 

Praxishinweis

Der Beklagte hatte den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer der betroffenen GmbH nach den Feststellungen des Senats zwar verpflichtet, bei wesentlichen Geschäftsmaßnahmen und Geldbewegungen sofort Bericht zu erstatten. Auch wurden die Werbung, die Preiskalkulation und -festsetzung sowie das Abrechnungssystem der GmbH nur im Einverständnis mit dem Beklagten betrieben bzw. ausgeführt. Der BGH sah hierin aber nur erlaubte gesellschafts- bzw. konzerninterne Einwirkungen des als Geschäftsführer der Konzernspitze handelnden Beklagten. Sie begründen nicht zugleich dessen Stellung als faktischer Geschäftsführer bei der Tochtergesellschaft. Dies gilt selbst dann, wenn der "echte" Geschäftführer durch die Intensität der Einwirkungen zu einem reinen Befehlsempfänger degradiert worden sein sollte[2].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 27.6.2005, II ZR 113/03

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