Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten sich mehr als 20 Jahre nach der Ehescheidung um die Höhe des von dem Ehemann an die Ehefrau zu zahlenden nachehelichen Unterhalts. Es ging primär um die Frage, ob das aus dem beruflichen Aufstieg des Ehemannes resultierende Einkommen in voller Höhe bei der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen war.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Die Verpflichtung des Ehemannes zur Zahlung nachehelichen Unterhalts war im Jahre 1988 in einem gerichtlich protokollierten Vergleich geregelt und in der Folgezeit mehrfach den geänderten Verhältnissen angepasst worden. Die letzte Anpassung erfolgte durch Urteil vom 1.8.2003, durch welches der Ehemann und Beklagte zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 2.357,00 EUR ab August 2003 verurteilt wurde.

Im Jahre 2005 begehrte die Klägerin erneut eine Anpassung für die Zeit ab Mai 2005 auf einen Betrag i.H.v. 2.896,00 EUR. Für die Zeit von April 2004 bis April 2005 begehrte sie entsprechend der zuvor erfolgten Inverzugsetzung monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.831,00 EUR.

Die Parteien stritten sich primär darüber, ob das seit 2001 um ca. 30.000,00 EUR jährlich gestiegene Einkommen des Beklagten in 2003 in voller Höhe in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen oder teilweise - da auf einem Karrieresprung beruhend - nicht zu berücksichtigen sei.

Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein und verfolgte sein Begehren auf Abweisung der Abänderungsklage weiter. Er berief sich zum einen auf das Vorliegen eines Karrieresprungs und zum anderen darauf, dass auch die von dem erstinstanzlichen Gericht vorgenommene fiktive Vergleichsberechnung fehlerhaft sei.

Das Rechtsmittel des Beklagten war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hielt das Abänderungsbegehren der Klägerin für unbegründet und vertrat die Auffassung, bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab April 2004 könne das Erwerbseinkommen des Beklagten in 2003 nicht in der tatsächlichen Höhe zugrunde gelegt werden, da diese Einkünfte aus einer Tätigkeit des Beklagten herrührten, die die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hätten.

Für die Bedarfsbemessung des nachehelichen Unterhalts sei grundsätzlich auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten bei Rechtskraft der Scheidung abzustellen. Einkommensverbesserungen, die aufseiten des Unterhaltsverpflichteten erst nach der Ehescheidung eingetreten sind, erhöhten den Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liege, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hätte (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung - zuletzt BGH v. 15.3.2006 - XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 m. Anm. Luthin = MDR 2006, 1235 = FamRZ 2006, 683 [685]).

Entscheidend sei, ob die spätere Beförderung zum Zeitpunkt der Scheidung derart wahrscheinlich war, dass die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise bereits hierauf einstellen konnten.

Nach Auffassung des OLG war die letzte Beförderung - anders als die in der Vergangenheit seit Rechtskraft der Scheidung erfolgten Beförderungen des Beklagten - nicht in einer Art und Weise vorhersehbar, dass sich die Parteien darauf bei Scheidung ihrer Ehe im Jahre 1981 bereits hätten hierauf einstellen können. Eine Beförderung des Beklagten wie nach der letzten Anpassung des Unterhaltstitels geschehen, sei von Unwägbarkeiten abhängig und daher nicht über einen so langen Zeitraum zuverlässig planbar.

Der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin für die Zeit ab April 2004 sei daher - fiktiv - ein Einkommen des Beklagten zugrunde zu legen, wie er es ohne das Aufrücken in die obere Führungsebene im Juli 2002 im Jahr 2003 erzielt hätte.

Ohne Beförderung des Beklagten wäre sein Einkommen im Vergleich zu dem auf seiner Seite zuletzt berücksichtigten Einkommen nicht gestiegen, der Unterhaltsanspruch der Klägerin mithin nicht höher als die im Jahre 2003 titulierten monatlich 2.357,00 EUR.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.07.2006, 2 UF 249/05

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