Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die vollständige Entziehung des Sorgerechts für vier minderjährige Kinder aufgrund erheblicher Kindeswohlgefährdung.
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war der Entzug des Sorgerechts für vier in den Jahren 2003, 2004, 2008 und 2009 geborene Kinder. Die im Jahre 1978 geborene Kindesmutter und der 1966 geborene Kindesvater waren seit Januar 2003 miteinander verheiratet, lebten in einem gemeinsamen Haushalt, waren beide nicht berufstätig und lebten von Sozialleistungen.
Die Kindesmutter hatte aus einer früheren Beziehung bereits drei in den Jahren 1998, 1999 und 2001 geborene Kinder, die allesamt in Pflegefamilien lebten. Auch der Kindesvater hatte insgesamt fünf Kinder aus früheren Beziehungen, die ebenfalls alle in Pflegefamilien lebten.
Wegen aufgetretener und offenkundiger Kindesgefährdung beantragte das Jugendamt im Jahre 2008, den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge und das Recht auf Beantragung von Sozialleistungen für die Kinder zu entziehen. Mit einstweiliger Anordnung wurden den Eltern die beantragten Teilbereiche des Sorgerechts entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen. Die Kinder wurden in Obhut gebracht. Zwei wurden in einer Einrichtung untergebracht, der erst im März 2008 geborene Säugling in einer Pflegefamilie.
In der Folgezeit hat das FamG ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob das Wohl der Kinder bei einem weiteren Verbleib bei den Kindeseltern gefährdet sei. Darüber hinaus wurden vom FamG die beiden älteren in den Jahren 2003 und 2004 geborenen Kinder angehört.
Die eingesetzte Verfahrenspflegerin befürwortete die weitere Fremdunterbringung der Kinder, da aus ihrer Sicht die Eltern zu einer adäquaten Versorgung der Kinder nicht in der Lage seien.
Am 2.3.2009 kam ein weiteres viertes Kind der Eltern zur Welt. Auch insoweit wurde ihnen im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Beantragung von Sozialleistungen entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen.
Mit Beschluss vom 8.4.2009 hat das AG aufgrund mündlicher Verhandlung den Kindeseltern das Sorgerecht für alle vier Kinder entzogen und das Jugendamt Ahlen als Vormund eingesetzt. Zur Begründung verwies es insbesondere auf das als überzeugungskräftig angesehene Gutachten der Sachverständigen, wonach die beiden älteren Kinder durch das Verhalten bzw. die mangelnde Erziehungsfähigkeit beider Eltern bereits massiv geschädigt seien. Im Hinblick auf die beiden jüngeren Kinder sei bei einem Verbleib bei den Eltern hiermit gleichfalls in massiver Form zu rechnen. Es stünden auch keine milderen Mittel zur Verfügung, zumal die über einen längeren Zeitraum geleistete ambulante Hilfe sich als nicht ausreichend herausgestellt habe.
Gegen diesen Beschluss haben die Kindeseltern Beschwerde eingelegt. Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch das OLG hielt die Voraussetzungen der §§ 1666, 1666a BGB für gegeben. Das AG sei zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass den Kindeseltern das Sorgerecht für alle vier Kinder zu entziehen sei.
Nach den Ausführungen der Sachverständigen seien beide Eltern nicht erziehungsfähig. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich sei das Wohl aller vier Kinder bei einem Verbleib bei den Kindeseltern massiv gefährdet.
Bei den beiden älteren in den Jahren 2003 und 2004 geborenen Kindern seien schwerwiegende Beeinträchtigungen und Störungen der kindlichen Entwicklung festzustellen, die ursächlich auf das Verhalten der Kindeseltern zurückzuführen seien. Es sei zu körperlichen Misshandlungen der Kinder gekommen, was von den Eltern auch eingeräumt worden sei.
Im Übrigen sei der Kindesvater immer wieder vor den Augen der Kinder in massive körperliche Auseinandersetzungen - auch mit der Kindesmutter - verwickelt, auch zwischen den Eltern komme es immer wieder zu intensiven verbalen Auseinandersetzungen.
Mildere Mittel als die Herausnahme aller Kinder aus der Familie seien nach Auffassung der Gutachterin nicht denkbar. Die über Jahre angestellten Versuche des Jugendamtes, die Situation der Kindeseltern durch ambulante Hilfen zu stabilisieren, hätten eine Schädigung der Kinder nicht verhindern können.
Insbesondere unter Kindeswohlgesichtspunkten sei eine mildere Alternative zur Herausnahme aller vier Kinder nicht ersichtlich.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 23.11.2009, 11 UF 99/09