Leitsatz
In einem vor dem 1.9.2001 abgeschlossenen Mietvertrag ist eine Kombination von Vorauszahlungs- und Aufrechnungsverbotsklausel nur dann unwirksam, wenn sie dazu führt, dass der Mieter seinen Minderungsanspruch im Klageweg durchsetzen muss. Eine Verschiebung der Verwirklichung des Minderungsanspruchs von ein oder zwei Monaten stellt keine unangemessene Benachteiligung dar. (Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 551 Abs. 1 (a. F.)
Kommentar
Ein am 14.9.1999 abgeschlossener Wohnungsmietvertrag enthielt unter anderem folgende Klauseln:
§ 9 Mietzahlungen
1. Der Mietzins ... ist monatlich im voraus ... spätestens am 3. Werktag ... zu zahlen.
2. Der Mieter verpflichtet sich, ... einen Dauerauftrag ... oder eine Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren zu erteilen. Diese kann jederzeit widerrufen werden.
§ 10 Aufrechnung mit Gegenforderungen
Der Mieter kann nur mit Forderungen aus dem Mietverhältnis aufrechnen, wenn sie unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif sind. Dies gilt nicht für Mietzinsminderungen, die wegen der Vorfälligkeit des Mietzinses im laufenden Monat entstanden sind. Diese Rückforderungsbeträge eines eventuell zuviel bezahlten Mietzinses für den laufenden Monat können vom Mieter in den Folgemonaten zur Aufrechnung gebracht werden.
In den Monaten Juli bis Oktober 2005 hat der Mieter die Miete nicht am 3. Werktag, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, teilweise zur Monatsmitte, teilweise am Monatsende bezahlt. Aus diesem Grund hat der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt. Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, dass die Klausel in § 9 unwirksam ist. Daher hat es die Räumungsklage abgewiesen.
Der BGH hat dieses Urteil aufgehoben: Der Mietvertrag wurde vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 abgeschlossen. Auf diese Verträge sind die Vorschriften des BGB hinsichtlich der Fälligkeit der Miete in der damals geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB). Nach § 551 Abs. 1 BGB a. F. war die Miete am Ende eines Monats – also nachträglich – zu bezahlen. Jedoch konnte im Mietvertrag vereinbart werden, dass die Mietzahlung im Voraus zu erfolgen hat. Eine solche Klausel wurde nach allgemeiner Auffassung als wirksam angesehen. Jedoch hat der BGH mit Rechtsentscheid vom 26.10.1994 (VIII ARZ 3/94) entschieden, dass die Vorauszahlungsklausel ausnahmsweise unwirksam ist, wenn der Vertrag zugleich die folgende Klausel enthält: "Der Mieter kann gegen eine Mietzinsforderung mit einer Forderung wegen Schadensersatzes aufgrund eines Mangels der Mietsache (BGB § 538) nur aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Wohnungsunternehmen mindestens einen Monat vor der Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. Im Übrigen ist die Aufrechnung gegen Mietzinsforderungen ausgeschlossen, soweit der Mieter nicht unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen geltend macht."
Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass die Klausel gegen § 537 Abs. 3 BGB a. F. (= § 536 Abs. 4 BGB n. F.) verstoße. Danach können die Vorschriften über die Minderung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Wird die Mietsache nach Zahlung der Miete mangelhaft und ist die Miete deshalb gemindert, muss dem Mieter die Möglichkeit offenstehen, mit dem überzahlten Betrag gegen die Miete des Folgemonats aufzurechnen. Ein Aufrechnungsausschluss der genannten Art habe zur Folge, dass der Mieter den Bereicherungsanspruch wegen überzahlter Miete zumindest für den ersten Monat, in dem der Mangel auftritt, weder durch Abzug vom geschuldeten Mietzins noch durch Aufrechnung durchsetzen kann. Aus diesem Grund sei die Vorauszahlungsklausel unwirksam.
Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, die Klausel in § 10 des Mietvertrags erfasse auch jene Fälle, in denen der Mangel kurz vor dem Monatsende eintrete. In diesem Fall könne der Mieter den Dauerauftrag nicht so rechtzeitig ändern, dass in dem Folgemonat nur die geminderte Miete überwiesen wird. Deshalb müsse er im Folgemonat trotz des Mangels die volle Miete bezahlen. Mit dem insoweit entstehenden Bereicherungsanspruch könne der Mieter auch nicht aufrechnen, weil nach der Klausel nur Bereicherungsansprüche wegen der überzahlten Miete für den "laufenden Monat" ausgenommen seien.
Der BGH weist darauf hin, dass die Klausel in § 10 des Mietvertrags nicht in diesem Sinn ausgelegt werden kann. Davon abgesehen ist eine Kombination von Vorauszahlungs- und Aufrechnungsverbotsklausel nur dann unwirksam, wenn sie dazu führt, dass der Mieter seinen Minderungsanspruch im Klageweg durchsetzen muss. Eine Verschiebung der Verwirklichung des Minderungsanspruchs von ein oder zwei Monaten stellt keine unangemessene Benachteiligung dar.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 14.11.2007, VIII ZR 337/06